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Suite Francaise - Melodie der Liebe

Nur wenige historische Ereignisse haben besonders im europäischen Rahmen einen so enormen Eindruck hinterlassen wie die Herrschaft des Dritten Reichs, die Judenverfolgung, der Zweite Weltkrieg. Es vergehen kaum mehr Monate, in dem auch die Filmindustrie kein neues Werk zu diesem Thema auf den Markt bringt, oftmals sogar eingeschleust in große Hollywood-Blockbuster, meistens jedoch getarnt als tiefsinniges Drama nach einer wahren Begebenheit. Mittlerweile ist es schwierig, angesichts der Masse an Filmen in diesem Genre, noch die wahren Perlen herauszufiltern... "Suite Francaise" ist allerdings keine davon, auch wenn man es in diesem Bereich wahrlich schlechter treffen könnte.

SUITE FRANCAISE


Im Jahr 1940 besetzen deutsche Soldaten Frankreich, um die Macht des Dritten Reichs zu festigen. Die im Haus ihrer Schwiegermutter Angellier (Kristin Scott Thomas) lebende Lucile (Michelle Williams), die betend auf ihren in den Krieg gezogenen Ehemann wartet, muss einen der deutschen Soldaten bei sich im Haus aufnehmen. Bruno von Falk (Matthias Schoenaerts) stellt sich als zuvorkommender, zumeist freundlicher, jedoch eifrig und gewissenhaft seinen Befehlen nachgehender Mann heraus... einzig und allein die Liebe zur Musik scheint beide auf den ersten Blick zu verbinden. Während ihre Schwiegermutter sie vor größeren Gefühlen dem Soldaten gegenüber warnt, wird Lucile Zeuge der ersten Aufstände gegen die Übermacht und muss sich schon bald entscheiden, auf welcher Seite sie steht.

Die Hintergründe hinter dieser Geschichte, beziehungsweise wie sie entstand, sind ebenso tragisch wie bewegend. Die jüdische Autorin Irene Nemirovsky hatte fünf zusammenhängende Bücher innerhalb dieses Plots geplant, konnte jedoch nur zwei von ihnen vollenden, da sie schließlich von deutschen Soldaten festgenommen und nach Auschwitz gebracht wurde, wo sie verstarb. Über die restliche Handlung existierten nur grobe Notizen, die schließlich zusammen mit den bislang ungelesenen Manuskripten von Nemirovskys Tochter in einem ungeöffneten Koffer gefunden wurden... sechzig Jahre nach dem Tod der Frau. Die beiden Bücher wurden veröffentlicht und zu einem großen Erfolg, Filmrechte wurden sich gesichert und schließlich schaffte es die Verfilmung im Januar 2016 auch in die deutschen Kinos, wo sie jedoch eher unter dem Radar lief. Wieso dies der Fall ist, liegt auf der Hand, wird doch gerade in Deutschland ungemein viel Stoff zu diesem Thema gedreht und wenn man die historische Bedeutung, mit der wir uns doch bitte immer und immer wieder auseinandersetzen sollten, ausklammert, bleibt eben nicht viel mehr übrig, was man so nicht schon einmal gesehen hat. 
Natürlich, es muss nicht immer gleich ein "Schindlers Liste" oder ein "Der Pianist" sein, der uns die Thematik in so grausamer Eindrücklichkeit präsentiert, dass sich die gesehenen Bilder förmlich unvergesslich unter die Netzhaut brennen. Es muss auch nicht immer ein "Der Junge im gestreiften Pyjama", der emotional genau den richtigen Ton traf und die Zuschauer mit einer schockierenden Wendung zu Tränen rührte. Dennoch, es hätte etwas mehr sein dürfen als der altbekannte Plot rund um eine junge Frau, die sich dem Feind annähert und schließlich von Gefühlen übermannt wird, die sie nicht kontrollieren kann. Sicher, im Kern ist das noch immer eine hochdramatische Geschichte, voll von großen Emotionen und auch einigen spannenden Szenen... eine zeitlose Geschichte, wenn man so will. 
Aber den Machern ist wenig eingefallen, womit ihr Werk irgendwie hervorsticht, es ist eben alles nur grundsolide. Regisseur Saul Dibb führte bereits die Regie bei dem ungemein zähen Historienschinken "Die Herzogin", der wohl einzig und allein wegen seiner wunderbaren Kostüme in Erinnerung bleiben wird und hier beweist er erneut, dass er seine recht magere Geschichte kaum mit inszenatorischen Ideen füllen kann. Er filmt die Handlung einfach ab, hat kein sonderliches Gespür für Spannungsaufbau und auch nicht für Emotionen, weswegen er die Protagonisten immer mal wieder aus dem Off zum Zuschauer sprechen lässt... anders scheint Dibb nicht in der Lage zu sein, die komplexen Gefühle seiner Hauptfigur zu transportieren. Diese lassen sich dennoch recht einfach goutieren und fallen in den Bereich des altbekannten Dramas, wenn sich die Frau entscheiden muss, wem sie nun vertrauen und zur Seite stehen will. 
Das nimmt vorhersehbare und teilweise dilletantisch-kitschige Züge an, hat aber immer wieder seine Momente und auch einige recht erfrischende Subplots zu bieten. "Red Sparrow"-Star Matthias Schoenaerts überzeugt als deutscher Soldat mit Herz, Michelle Williams hingegen agiert doch etwas zu passiv und Kristin Scott Thomas spielt eine Rolle, die sie immer spielt, das aber mit gewohnter Brillanz. In kleineren Rollen sind neben "Suicide Squad"-Star Margot Robbie auch einige deutsche Gesichter zu sehen, wobei allenfalls Alexandra Maria Lara und Tom Schilling etwas mehr zu tun bekommen, Heino Ferch bleibt jedoch gnadenlos unterfordert.

Fazit: Schöne Ansätze, gut aufgelegte Darsteller, darüber hinaus bleibt dieser kitschige Mix aus Kriegs-Drama und Liebesgeschichte aber erstaunlich seelenlos. Vorhersehbar, melodramatisch und unausgegoren präsentiert sich eine altbekannte Handlung, die nie zu den Protagonisten vordringt und wenig zu erzählen hat.

Note: 4+







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