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Die Frau des Zoodirektors

Filme über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg teilen sich mit Werken aus den Genres des Horror und der Romantik eine Gemeinsamkeit: Es wurden bereits so viele Filma zu diesem Thema gedreht, dass es verflixt schwer ist, noch eine wirklich neue Geschichte, etwas ganz Neuartiges zu erschaffen. Doch nur weil ein Thema langsam abgegrast scheint, heißt das nicht, dass es dazu nichts mehr geben sollte - auch altbekannte Geschichten oder neue Storys nach bekanntem Verlauf können, wenn sie gut gemacht, noch immer Stoffe für fantastische Kino- oder Serienunterhaltung bieten. Auch "Die Frau des Zoodirektors" bietet in diesem Bereich nichts Neues, was ihn nicht zu einem schlechten Film macht... leider aber auch zu keinem guten.

DIE FRAU DES ZOODIREKTORS


Warschau, 1939: Die deutschen Truppen schielen nach Polen, Hitler möchte das Land unbedingt in seine Gewalt bringen. Als der Zoo in Warschau bombadiert wird und deutsche Soldaten dort Stellung beziehen, tun Zoodirektor Dr. Jan Zabinski (Johan Heldenbergh) und seine Frau Antonina (Jessica Chastain) alles dafür, um die dortigen Tiere zu schützen. Unterstützt werden sie dabei augenscheinlich von dem deutschen Soldaten Lutz Heck (Daniel Brühl), der sich ebenfalls um die Tiere sorgt und eine Rinderzucht plant, um seine Mitstreiter versorgen zu können. Als Antonina und Jan eine folgenschwere Entscheidung treffen, um flüchtige Juden in Warschau zu beschützen, bringen sie sich in große Gefahr...

All das beruht auf einer wahren Geschichte - eine Zusatzinformation, die eigentlich immer ziemlich gut zieht... und auch Dramen aus dem Warschauer Ghetto und über das Dritte Reich im allgemeinen ziehen hierzulande ja im Grunde auch immer noch ganz gut. Dennoch erhielt "Die Frau des Zoodirektors" hierzulande keinen regulären Kinostart und wurde im September 2017 direkt auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht. Der verheerende Untergang am US-amerikanischen Box Office dürfte dafür gesorgt haben... und auch, dass das Marketing dieses Films doch irgendwie am Thema des Werkes vorbeischlitterte. Im Kern ist der Film eine recht bittere Abhandlung mit den Themen der Judenverfolgung und darüber, was Menschen aufopfern müssen, um anderen Menschen zu helfen. Der Film berührt dabei verschiedene Grundsätze: Er erzählt, was die Rettung anderer Menschen und deren Schutz für eine zuvor funktionierende Ehe bedeuten kann. Er erzählt, wie ein Kind in dieser Welt aufwächst oder aufwachsen muss. Und er erzählt, was eine Frau opfern muss, um dem Feind die Stirn zu bieten oder ihn nicht auf ihre wahren Taten aufmerksam zu machen - der Zoo selbst, auf dem Plakat und im Trailer prominent vertreten, spielt dabei im weiteren Verlauf nur noch eine sehr kleine Rolle. 
Darüber hinaus tut sich das etwas schwächelnde Skript auch schwer damit, all seine verschiedenen Konflikte glaubhaft auszusprechen und zu entladen, gerade der Ehekonflikt zwischen Jan und Antonina wirkt angesichts der wesentlich extremeren Probleme doch ziemlich weichgewaschen und unpassend. Wesentlich besser funktioniert der Plot rund um den deutschen Soldaten Lutz Heck, der ein Auge auf die hübsche Antonina geworfen hat und seine Machtposition dafür gezielt ausnutzt. Als lupenreiner Antagonist taugt Heck dennoch nicht, wirkt weder bösartig noch wechselhaft und "schlitzohrig" genug, alsdass er die Zuschauer wirklich das Fürchten lehrt. Der deutsche Export Daniel Brühl, der zuvor bereits in internationalen Blockbustern wie "The First Avenger: Civil War" und "Rush" zu absolutem Weltrum aufstieg, müht sich dabei redlich und bietet eine packende Performance - etwas schwach und unentschlossen geschrieben bleibt sein Lutz Heck aber leider dennoch. 
Das wirkt dann alles etwas konstruiert und die Dramatik gewisser Situationen und Gefahren, denen sich die versteckten Menschen im Haus der Zabinskis aussetzen müssen können, trotz gewisser Spannung, nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier nichts Neues erzählt wird und es Regisseurin Niki Caro dabei auch an Entschlossenheit fehlt, solcherlei Szenen wirklich packend und intensiv genug zu erzählen. Natürlich, der Schrecken des Krieges wurde uns in anderen Meisterwerken bereits zu Genüge und sehr bildhaft gezeigt und wenn zu Beginn die Bomben auf den Warschauer Zoo niederhageln oder einzelne Kämpfe in den Ghettos ausbrechen, wird auch dem Zuschauer angesichts solch unmenschlicher Taten unwohl. Trotzdem scheint Caro den Zuschauern nicht viel zuzutrauen, schwenkt lieber weg und beraubt den Film und die Wahrheit des Themas somit zu Teilen seiner Intensität und seinen Schrecken. Getragen wird das Werk dabei weniger von seiner Geschichte, sondern viel mehr von einer grandiosen Jessica Chastain in der Hauptrolle. Die für "Zero Dark Thirty" oscarnominierte Schauspielerin glänzt als starke, junge Frau zwischen den Fronten - eine Paraderolle für eine solch talentierte Darstellerin.

Fazit: Die Inszenierung bleibt zu behäbig und langatmig, die Geschichte kann trotz bewegender Momente und einer passenden Moral nicht durchgehend packen. Chastain und Brühl spielen stark, dennoch zeigt sich der Film wesentlich bemühter und unentschlossener als man eingangs erwarten durfte.

Note: 4+




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