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The Green Mile

Stephen King ist mit kaum einer der Verfilmungen seiner genialen Horror-Romane zufrieden, verachtete sogar die von Kritikern so sehr geliebte "Shining"-Variante von Stanley Kubrick und liebte stattdessen die grausam schlechte TV-Verfilmung seines Megawerkes "ES" aus dem Jahr 1990... immerhin folgt zu dieser noch in diesem Jahr eine zumindest den Trailern nach deutlich bessere Kinoversion. Meine Lieblings-King-Verfilmung nach dem brillanten "Die Verurteilten" ist noch immer "The Green Mile", der sich deutlich vom Tonus der anderen King-Werke unterscheidet und filmisch gesehen zu den besten Dramen der heutigen Zeit gehört...

THE GREEN MILE


1935: Gefängniswärter Paul Edgecomb (Tom Hanks) arbeitet im Todestrakt, der "grünen Meile", wo verurteilte Schwerverbrecher auf ihre baldige Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl warten. Eines Tages erscheint mit dem hünenhaften, aber ebenso sensiblen und harmlosen John Coffey (Michael Clarke Duncan) ein neuer Gefangener im Trakt... und Edgecomb befallen schnell Zweifel, ob der Mann die ihm zur Last gelegten Verbrechen überhaupt begangen hat. Als er dann auch noch Zeuge von Coffeys wahren Fähigkeiten wird, die weit über das hinausgehen, was er sich bislang vorstellen konnte, ist er in einer moralischen Zwickmühle gefangen...

Fünf Jahre nach dem in den Kinos zwar gefloppten, wenig später jedoch rasch zum absoluten Kult-Meisterwerk aufgestiegenen "Die Verurteilten" machte sich Regisseur Frank Darabont erneut daran, einen Roman des sonstigen Horror-Autors Stephen King zu verfilmen. In "The Green Mile" ist der Haupthandlungsort nun erneut ein Gefängnis, wieder geht es um Schuld und Unschuld und auch um die Freiheit des Lebens. Und wieder lässt sich Darabont drei Stunden Zeit, um eine für sich eigentlich sehr ruhige und gar nicht so breite Geschichte zu erzählen, was ihm zum wiederholten Male hervorragend gelingt. 
Darabont lässt sich nicht hetzen und nimmt sich für die Ausarbeitung der Haupt- und Nebencharaktere über eine Stunde Zeit, bevor er seine Haupthandlung so richtig ankurbelt. Dies ist insofern hilfreich, dass wir nicht nur einen flüchtigen Eindruck von den Wärtern, deren Familien und den zum Tode verurteilten Gefangenen bekommen, sondern sie tatsächlich kennenlernen können, indem wir ihrem Alltag länger beiwohnen. So bekommen Figuren, die unter anderen Regisseuren sicherlich nur Randnotizen geworden wären, hier wesentlich mehr Raum zur emotionalen und nachvollziehbaren Entfaltung, was insbesondere für Paul Edgecombs Kollegen gilt... die hier von "Disturbia"-Bösewicht David Morse, Barry Pepper und "The Walking Dead"-Star Jeffrey DeMunn gespielt werden. 
Während den drei Stunden die sich, obwohl man sie zumindest ab und zu auch spürt, kaum Hänger leisten, werden dann auch mehrere Fässer aufgemacht und abseits von John Coffeys Geschichte spielt sich im Todestrakt dann auch einiges ab, sowohl auf emotionaler als auch auf extrem düsterer Ebene. Für den letzteren Part zeichnen insbesondere Doug Hutchison als grausamer Wächter Percy Wetmore sowie der Gefangene "Billy the Kid", der herausragend von Sam Rockwell dargeboten wird, verantwortlich, die für einige der intensivsten Szenen des ganzen Filmes verantwortlich sind. Über weite Strecken bleibt dann aber dennoch Coffey im Zentrum, der sich nach und nach mit den weiteren Nebenplots verbindet und im letzten Drittel somit die Fäden zusammenführt, bis zu einem emotionalen Finale, welches auch heute noch die Tränen in die Augen treibt und gleich einige gewichtige, wenn auch schließlich kitschige und arg religiöse Fragen aufwirft. 
Unterlegt mit einem starken Soundtrack gewinnen solcherlei Szenen dann auch über den Kitsch hinweg an Gewicht und besonders durch die brillanten Darstellungen aller Schauspieler (insbesondere Tom Hanks und der völlig zurecht oscarnominierte Michael Clarke Duncan) schafft Darabont es, dass wir uns dieser ebenso fantastischen wie dramatischen Mär niemals entziehen können. Dies ist kein Drama, welches das Herz erwärmt: Es ist erschütternd, streckenweise sehr brutal und ziemlich finster. Im Anschluss geht man nicht mit einem wahren Glücksgefühl heraus, sondern mit einigen Tränen echter Trauer. Dass Darabont dies tatsächlich erneut schafft und sein dreistündiges Werk trotz einiger zwischenzeitlicher Schwächen niemals entgleisen lässt, ist das größte Kompliment, was man "The Green Mile" machen kann.
Fazit: Herausragend besetztes Drama, welches sich drei Stunden Zeit nimmt, um unvergessliche Charaktere zu formen und seine Geschichte ebenso düster wie bewegend zu erzählen. Dabei rollen schließlich auch einige Tränen, wenn es zum emotionalen Schlussakt kommt.

Note: 2






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