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Pinocchio (1940)

Ursprünglich war "Bambi" als geistiger Nachfolger von Walt Disneys Megaerfolg "Schneewittchen und die sieben Zwerge" geplant. Da man jedoch für die Geschichte rund um die zum Leben erweckte Holzmarionette mehr Ideen besaß und dementsprechend als insgesamt zweiten abendfüllenden Zeichentrickfilm erneut ein ordentliches Zeichen setzen wollte, entschloss sich Disney dazu, die Arbeiten an "Pinocchio" weiterzuführen. Die Kritiker waren erneut mehr als begeistert, was dazu führte, dass der Film auch heute noch zu den unsterblichen Zeichentrick-Klassikern seiner Zeit gehört...

PINOCCHIO


Der Holzschnitzer Geppetto wünscht sich nichts sehnlicher, als die von ihm mit viel Liebe hergestellte Holzpuppe Pinocchio zum Leben erwachen zu sehen. Eine gute Fee erfüllt ihm diesen Wunsch und Pinocchio stolziert nun tatsächlich durch das Haus des alten Mannes, der sich vor Glück kaum halten kann. Die Fee stellt Pinocchio die kleine Grille Jiminy als Gewissen zur Seite, dieser soll den Jungen vor den Gefahren des Alltags schützen und ihn lehren, was Recht ist und was Unrecht. Trotzdem gerät Pinocchio schon an seinem ersten Schultag in die Fänge von zwei Betrügern und rutscht auf den Weg des Unrechts ab...

Obwohl die Kritiker begeistert waren und Disneys zweites, abendfüllendes Zeichentrick-Werk als streckenweise gar noch gelungener als "Schneewittchen und die sieben Zwerge" einstuften, blieb dem Film ein großer Publikumserfolg vorerst versagt. Dies lag natürlich auch an dem ausgebrochenen Zweiten Weltkrieg, wobei wichtige Märkte wie Europa erst sehr spät mit dem Film ausgestattet werden durften, sodass viele potenzielle Zuschauer verlorengingen. Das sagt natürlich rein gar nichts über die Qualität aus, denn diese war über jeden Zweifel erhaben... und ist es, mit einigen Abstrichen, noch immer. 
Damals zeigten sich die Zuschauer begeistert von den neuen technischen Möglichkeiten, die Disney entdeckt hatte - diesmal sorgten unter anderem neue Plankameraaufnahmen für ein noch plastischeres Raumverhältnis, in dem sich die gezeichneten Charaktere bewegen konnten. Der Verdienst: Noch heute sieht "Pinocchio" trotz seines Alters von bald achtzig (!) Jahren absolut großartig aus und sorgt mit vielen Details und einem schönen, sehr bunten Zeichenstil für tolle Bilder. Für die Geschichte gilt das indes nicht ganz, denn diese kann nicht immer darüber hinwegtäuschen, dass durchscheint, dass Disney mit den neuen technischen Möglichkeiten protzen wollte und manch eine Szene somit arg in die Länge zieht, um eben einfach noch mehr an optischem Firlefanz zu bieten. Das macht zwar Spaß, sorgt aber dafür, dass die Geschichte indes etwas flacher bleibt und nicht alle Handlungsstränge zu einem runden Ende führt, was besonders für die Bösewichte gilt. 
Diese kommen extrem düster und bedrohlich daher und gerade in der zweiten Hälfte sorgen sie für erheblichen Schrecken, weswegen der Film für jüngere Kinder sicherlich nicht geeignet ist. Die Szenen auf einem Jahrmarkt des "Vergnügens", der schließlich sein schreckliches Geheimnis offenbart, sowie das Finale rund um den gigantischen Killerwal Monstro sind ziemlich spannend, aber eben auch belastend, wenn man ein gewisses Alter noch nicht erreicht hat. Eltern tun also gut daran, sich den Film zuvor alleine anzusehen und dann selbst zu entscheiden, ab wann sie dieses Werk ihrem Nachwuchs zeigen wollen. Eine Lehre ist ihnen der Film dabei allemal, denn die Moral von der Geschichte zeigt hier ganz eindeutig, dass man auf sein Gewissen hören und tunlichst nicht mit fremden Menschen (oder Füchsen) mitgehen sollte... sonst landet man noch an einem Platz des Schreckens. Diese Konsequenzen von Pinocchios fatalen Fehlentscheidungen werden recht detailliert und heftig inszeniert... etwas weniger Boshaftigkeit hätte es hier auch getan, allerdings stammt "Pinocchio" eben auch noch aus einer anderen Zeit, die Sehgewohnheiten sind schlichtweg andere.
 Auf der Habenseite steht aber eine fantastische, musikalische Untermalung (für den Titelsong, der bis heute Disneys musikalisches Markenzeichen ist, gab es sogar hochverdient einen Oscar) sowie eine hervorragende deutsche Synchronisation. Die vorhandene stammt aus den 70ern, die erste Tonversion aus den 50ern wurde indes aus dem Verkehr gezogen und darf nicht mehr genutzt werden.
Fazit: Disneys zweiter abendfüllender Spielfilm ist für Kinder definitiv zu düster und bringt seine Geschichte nicht an allen Punkten stimmig zu einem Schluss. Dafür gibt es aber tolle Einzelszenen, sympathische Charaktere und einen fantastischen Zeichenstil, der "Pinocchio" zu einem optischen Meisterwerk macht.

Note: 3+





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