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Der Junge im gestreiften Pyjama

Filme über das Dritte Reich gibt es en masse... ein englischer Film, der einen deutschen Jungen in den Mittelpunkt gerückt, der klar einer Nazi-Familie entstammt, ist darunter allerdings schon eine Seltenheit, würde man einen solchen Stoff doch eher der deutschen Filmwirtschaft zumuten. Aber nein, besetzt mit englischen Stars, die in großen Blockbustern bislang vorwiegend in prägnanten Nebenrollen zu sehen waren, erwartet uns hier ein tiefgründiges Drama, bei dem der letzte Funke aber leider nicht überspringen mag...

DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA


Zur Zeit des Dritten Reiches zieht der achtjährige Bruno (Asa Butterfield), Sohn eines hochrangigen deutschen Soldaten und Lagerkommandanten namens Ralf (David Thewlis), von Berlin weg. In seiner neuen Heimat entdeckt Bruno von seinem Fenster aus in einigen Kilometern Entfernung eine Art Bauernhof, den er erkunden möchte, was ihm jedoch von seiner Mutter Elsa (Vera Farmiga) untersagt wird. Bruno stiehlt sich dennoch davon und lernt an dem eingezäunten Bauernhof, welcher sich als Konzentrationslager herausstellt, den jüdischen Jungen Schmuel (Jack Scanlon), was den Beginn einer geheimen, aber sehr engen Freundschaft darstellt. Als Bruno jedoch beginnt, die Hintergründe des Krieges zu verstehen, wird ihre Freundschaft auf eine schwere Probe gestellt...

Die Geschichte ist ebenso dramatisch wie packend und dass all dies sicherlich zu keinem guten Ende führen wird, dürfte aufmerksamen Zuschauern schon recht früh klar werden. Dennoch konnte mich "Der Junge im gestreiften Pyjama" keineswegs restlos überzeugen, was teilweise sicherlich an meinen hohen Erwartungen, andererseits aber auch an klar ersichtlichen Schwächen lag, die man hätte vermeiden können.
Auf der Haben-Seite besitzt der Film zumindest schon mal eine beachtliche Riege an fähigen Darstellern, die in ihren Rollen durch die Bank weg überzeugen können. Den stärksten Eindruck hinterlässt dabei der junge Asa Butterfield, der sich mittlerweile einen starken Status in Hollywood angeeignet hat und momentan mit dem Drama "Den Sternen so nah" in den deutschen Kinos zu sehen ist. Bereits hier zeigt Butterfield, dass er in der Lage ist, mit komplexen Geschichten und hochdramatischen Stoffen umzugehen: Seine Darstellung eines ebenso naiven wie neugierigen Kindes vor dem Hintergrund der grausamen Historie des Dritten Reichs ist natürlich und intensiv gespielt. Neben ihm überzeugen auch seine Filmeltern, die von den bekannten Schauspielern Vera Farmiga und "Harry Potter"-Star David Thewlis gespielt werden. Thewlis, der ansonsten ja weitestgehend gutmütige und sympathische Nebencharaktere spielt, agiert hier als strenger Soldat des Deutschen Reiches, der dennoch ein Herz für seine Familie übrig hat, und kann den Zuschauer dabei ebenso packen wie die deutlich zweifelndere und emotional angelegtere Vera Farmiga als Brunos Mutter Elsa.
Auch Rupert Friend überzeugt in einer Nebenrolle als deutscher Soldat, allerdings bleibt sein Charakter seltsam ungenutzt. Hier zeigen sich auch die Probleme der Geschichte, denn viele der im Zentrum stehenden Konflikte bleiben an der Oberfläche, erfahren zu wenig Tiefe, wirken konstruiert und beim genaueren Hinsehen sogar unlogisch. Die Macher vereinfachen das brutale Thema des Holocausts, um es aus den Augen eines unschuldigen Kindes zu erzählen, trauen sich dabei aber auch nur wenige echte Schritte nach vorne zu, sodass sich gerade Erwachsene aufgrund der schleppend verlaufenden Handlung und den arg stiefmütterlich behandelten Konflikten rasch langweilen werden. Für Kinder ist der Film indes ebenfalls nicht geeignet, denn mit der Thematik des Holocausts sollten diese, wie das Werk hier auch treffsicher aufzeigt, noch nichts anfangen können, zudem ist das tragische und markerschütternde Ende für diese auch eine ganze Spur zu hart.
Dieses weckt auf der Zielgeraden zwar noch einige Emotionen, dennoch bleibt während des Rollen des Abspanns ein merkwürdiges Gefühl der Leere, wenn man darüber nachdenkt, dass "Der Junge im gestreiften Pyjama" eigentlich eine sehr interessante Geschichte erzählt, über etwaige Logiklöcher und unbefriedigende Vereinfachungen aber anscheinend nicht konkreter nachgedacht wurde. Das macht den Film dann doch ein wenig zu leicht, was schade ist und gerade mit der schweren Thematik nicht zusammenpasst. In einigen starken Einzelmomenten blitzt dieses Potenzial aber immer wieder wunderbar auf, insgesamt bleibt der Film trotz toller Inszenierung und grandiosen Darstellern aber doch zu stiefmütterlich und behutsam.
Fazit: Die Geschichte bleibt zu stark an der Oberfläche und lässt schwierige Konflikte recht beiläufig unter den Tisch fallen, was sehr schade ist. Dafür überzeugen eine intensive Inszenierung und ein sehr natürlicher Hauptdarsteller.

Note: 3-





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