Direkt zum Hauptbereich

Taxi Driver (1976)

Ich hasse es, gespoilert zu werden und kann auch nicht verstehen, wie irgendjemand, der etwas von Filmen hält, sich gerne solchen Spoilern hingibt. Mir können sie den Spaß am Film komplett verderben und es kam schon häufig vor, dass ich mir spezielle Filme gar nicht mehr angesehen habe, weil mir bereits zu viel verraten wurde. Auch Martin Scorseses Klassiker "Taxi Driver" landete bei mir lange im Giftschrank, da mir bereits etliche Handlungsdetails zuvor gespoilert worden waren. Über die Jahre hinweg konnte ich diese Äußerungen glücklicherweise verdrängen, sodass ich mir den Film nun doch ansehen und eine weitere Klassiker-Lücke schließen konnte...

TAXI DRIVER


Travis Bickle (Robert De Niro) fährt in New York seit Neuestem Taxi, meistens Nacht, da er unter Schlafstörungen leidet und versucht, in dieser Zeit des Wachbleibens immerhin noch ein wenig Geld zu verdienen. Dabei besucht Bickle auch die heruntergekommenen Viertel der Stadt und hegt gegen diese schon bald einen Hass. Die Gewalt, die Prostitution, die Erpressung, all das macht den jungen Fahrer wütend. Auch als er die junge Frau Betsy (Cybill Shepherd) kennenlernt, hilft ihm dies wenig darüber hinweg. Ist Travis etwa kurz davor, durchzudrehen?

Was hatte ich nicht schon alles über "Taxi Driver" gehört. Eines von Martin Scorseses ersten Meisterwerken, Robert De Niro mit einer absoluten Glanzleistung, Jodie Fosters Rolle, die sie zum Megastar machte... Gründe genug also, sich den Film endlich mal anzusehen. Und nein, diese ganzen Lorbeeren kann ich dann nicht so ganz teilen, auch wenn ich tatsächlich einen ziemlich guten Film gesehen habe. Besonders störend empfand ich die plötzliche Wandlung der Hauptfigur vom etwas tumben Taxifahrer hin zum durchgeknallten Wüterich. Klar, die aufgestauten Aggressionen bekommt man auch zuvor schon mit, filmisch ist diese Wendung aber nicht wirklich gelungen und stellt einen rasch vor einige Fragezeichen. Ansonsten ist diese Kultfigur jedoch hervorragend gelungen. Der improvisierte Spiegel-Dialog (eine der Kultszenen des Genres) ist eine Meisterleistung eines Robert De Niro, der hier erneut zeigt, zu was für großen Dingen der Mann einmal fähig war, bevor er sich zur Jahrtausendwende mit einigen schwachen Werken herabstufte. Er ist der führende Punkt in diesem Film, alle anderen Figuren treffen ihn und werden auch durch ihn charakterisiert, De Niro überschattet sie jedoch alle, sogar die damals dreizehnjährige Jodie Foster. In der Rolle einer minderjährigen Prostituierten mit erschreckend vorlautem Mundwerk ist sie dennoch schlichtweg grandios und man kann sogar heute noch verstehen, wieso viele Kritiker und Zuschauer diese Darstellung skeptisch beäugten, denn wie das junge Mädchen hier flucht und sich den alten Männern anbiedert, das lässt schon kalt den Rücken runterlaufen. Bis Foster jedoch handelnd eingreift ist schon über die Hälfte des Films vergangen, zuvor beschäftigt sich "Taxi Driver" weitestgehend mit der Rolle des Travis Bickle und seiner Beziehung zu Betsy, die jedoch gerade in den lauen Konflikten ein wenig enttäuscht. Da entsteht dann auch mal die ein oder andere Länge, wenn gewisse Dialogszenen (so toll sie auch geschrieben sind) zu weit gedehnt werden, um wirklich bei Laune zu halten. Das unvermeidbare Finale an sich sorgt dann zwar merklich für Adrenalin, hat jedoch die Jahre nicht ganz so gut überstanden und verliert mit seinen teils miesen Effekten besonders gegen den ähnlich alten "Der Pate" doch deutlich. Das klingt nun alles härter, als es eigentlich ist, denn "Taxi Driver" weiß schon über seine Laufzeit hinweg zu fesseln, was den stark geschriebenen Dialogen, den interessanten Figuren und auch der grandiosen Besetzung liegt (zu der unter anderem noch Albert Finney und Harvey Keitel angehören). Dass sich dabei aber einige kleine Mankos eingeschlichen haben, ist doch nicht zu übersehen, weswegen ich den Film auch ungerne in meinen persönlichen Klassiker-Status heben möchte. Fazit: Überdurchschnittlich inszenierter und gespielter Charakter-Thriller mit tollen Figuren. Einige Längen und Handlungssprünge bremsen das Vergnügen aber.

Note: 3+


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid