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Wenn ich bleibe

Viele Menschen mit Nahtoderfahrungen konnten Bericht erstatten, als sie schließlich vollkommen ins Reich der Lebenden zurückkehrten. Manche erzählten von seeliger Ruhe, von einem Licht oder dass sie, im Raum schwebend, auf ihren bewusstlosen Körper herabblicken konnten. Genau geklärt sind diese Dinge jedoch nicht. Was passiert, wenn wir sterben oder ins Koma fallen, daran tüfteln Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Auch "Wenn ich bleibe" wird ihnen da nicht weiterhelfen, denn dessen recht originelle Idee widmet sich einer ergreifenden Liebesgeschichte und geht auch nicht darüber hinaus, was nicht negativ gemeint sein soll...

WENN ICH BLEIBE


Mia Hall (Chloe Grace Moretz) führt ein recht harmonisches Leben, welches neuerdings jedoch in Turbulenzen abdriftet. Schuld ist Adam Wilde (Jamie Blackley), in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Als die begabte Cello-Spielerin jedoch an einer Musikschule in New York vorspricht und somit in Betracht zieht, fortzugehen, hängt der Haussegen schnell schief. Wenig später hat Mia einen schrecklichen Autounfall und fällt ins Koma. Erstaunlicherweise kann ihr Geist ihren Körper jedoch verlassen und alles wahrnehmen, was um sie herum geschieht. Ob sie nun gehen oder bleiben will, hängt anscheinend ganz allein von ihr ab...

"Das Schicksal ist ein mieser Verräter" war ein voller Erfolg, es war also klar, dass thematisch ähnliche Roman-Verfilmungen nun folgen würden. Das "Wenn ich bleibe" mit dem Witz und der Dramatik des großen Vorbilds nicht würde mithalten können, war eigentlich klar und somit ist die kleine Enttäuschung dann auch nicht ganz so groß. Es ist aber schon recht offensichtlich, wo die Fehler bei dieser Adaption liegen und erneut ist es mal wieder die im Mittelpunkt stehende Liebesgeschichte, die hier leider kaum funktioniert. Zum einen ist es den Machern mal wieder gelungen, den vergötterten Mann der Geschichte zu einem größtenteils recht unsympathischen Egomanen zu machen... wie junge Mädchen aus aller Welt noch immer zu diesem Männerbild aufsehen wollen, entzieht sich meinem Verstand, aber nun gut, jeder wie er möchte. Nimmt man dies außer Acht, hat die Lovestory dennoch einige Lücken. Anderthalb Jahre werden uns vorgegaukelt, dies fühlt sich im Film jedoch nach einer Geschichte von gerade mal wenigen Wochen an, dementsprechend schockiert ist man schon, wenn die beiden irgendwann bereits davon reden, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Auch die Konflikte, in welche Mia und Adam hier gebracht werden, verdienen sich das Prädikat "lau" und im Grunde funktioniert die ständige Streiterei nur deswegen, wiel Adam sich einfach ziemlich schnell aufregt und sowieso erstmal alles verteufelt, was nicht in seine Grundlage passt. Auch da bleibt also recht schwammig, wieso sich Mia in so einen Menschen, der ihr keinerlei Freiheiten gönnen will, überhaupt verliebt. Aber dann gibt es immerhin auch noch einen Rest Film, der ansonsten überraschend gut funktioniert. Getragen wird das Ding nämlich von Chloe Grace Moretz, eine der größten Hoffnungen in der Welt der jungen Nachwuchsschauspielerinnen und die beweist hier auch gleich mal wieder, dass sie zu den größten Talenten ihrer Generation gehört. Neben ihr glänzen zudem "Prison Break"-Gefängnisdirektor Stacy Keach als liebevoller Großvater und besonders Mireille Enos und Joshua Leonard als sympathisch-junggebliebene Eltern sowie Liana Liberato als Mias beste Freundin Kim, die in ihren wenigen Szenen mit erstaunlicher Präsenz dafür verantwortlich ist, dass die langjährige Freundschaft weitaus glaubwürdiger wirkt als die doch recht seltsame Liebesgeschichte, der hier viel mehr Platz eingeräumt wird. Und zwischendurch schafft es "Wenn ich bleibe" sogar, uns zu berühren. Die Szenen im Krankenhaus hätten zwar etwas mutiger sein können und das Gerede davon, dass nur Mia entscheiden kann, ob sie lebt oder stirbt, stört irgendwann auch... denn im Grunde genommen kann sie auch nicht viel tun außer geschockt wahrzunehmen, was um sie herum passiert. Wenn jedoch die Tragik Gewicht bekommt, wie ein ganzes Leben innerhalb weniger Sekunden beendet oder aus der Bahn geworfen werden kann, dann wird es doch nochmal sehr emotional und trotz Kitsch könnten nah am Wasser gebaute Menschen hier schon die ein oder andere Träne vergießen und müssten sich dafür sicher nicht schämen. Fazit: Gut gespielt, mit stiller Tragik und sensiblen Einzelszenen. Die Liebesgeschichte, die im Mittelpunkt steht, überzeugt jedoch kaum, weswegen "Wenn ich bleibe", auch wenn es bewegt, am Ende nicht ganz so kraftvoll im Gedächtnis bleiben kann.

Note: 3


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