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A Beautiful Mind - Genie und Wahnsinn

Die Oscar-Verleihungen sind meistens eine politische und thematische Entscheidung. Wo der gigantische Siegeszug von "Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs" im Jahr 2004 noch eine wohltuende und wohlverdiente Ausnahme war, wählt die Academy ansonsten doch lieber das Thema als den Film, was zu einigen seltsamen Entscheidungen führte. Eine davon ist sicherlich die Kürung von Ron Howards Drama "A Beautiful Mind" zum besten Film, denn so wichtig das Thema des Films auch ist, kann man nicht umhin zu sehen, dass der Streifen dennoch ein mittelmäßiger geworden ist...

A BEAUTIFUL MIND


Amerika in den frühen 50er-Jahren: John Nash (Russell Crowe) ist ein Genie. Durch ein Stipendium gelangt er an einen der heiß begehrten Studienplätze in Princeton und schafft es dort, mit einer nicht widerlegbaren Theorie, welche hundertfünfzig Jahre Wirtschaftswissenschaften auf den Kopf stellt, zu einer bekannten Persönlichkeit. Dabei lernt er auch Alicia (Jennifer Connelly) kennen, mit der er bald zusammenkommt. Wegen seiner ungeheuren Talente wird Nash von einem Mitglied der amerikanischen Regierung, William Parcher (Ed Harris), angeheuert, um sowjetische Codes zu knacken und somit womöglich eine Katastrophe zu verhindern. Doch Nash kommt mit dem Druck nicht mehr klar und es scheint, als würde er seinen Verstand verlieren...

Ganz so einfach wie hier beschrieben ist die Geschichte natürlich nicht, aber ich werde mich hüten, weitere Geheimnisse der Story auszuplaudern, da der Film doch von einigen der Plottwists, die meist recht hart und überraschend daherkommen, lebt und aus ihnen seine Spannung zieht... dies jedoch nur während der ersten Hälfte. "A Beautiful Mind" ist in seiner ersten halben Stunde, während Nash in Princeton studiert und seine Mitmenschen immer wieder sowohl negativ als auch positiv verblüfft, ein Meisterstück von Film... wie wir den Mann und seine Eigenarten kennenlernen, das ist große Kunst. Doch mit der Zeit nimmt die Qualität des Werks immer weiter ab, verstrickt sich in dick aufgetragenen Hollywood-Symbiosen, dramatisiert die ganze Geschichte über, bis sie schlichtweg den Boden unter den Füßen verliert und setzt dem ganzen mit einer extrem störenden Überlänge, welche besonders in der zweiten Hälfte immer wieder für Hänger sorgt, noch die Krone auf. "A Beautiful Mind" ist dabei nie trocken, aber er will viel mehr sein, als er eigentlich ist, stellt seine eigentlich zutiefst menschlichen Charaktere vor große Schweinwerfer und macht sie riesig... wodurch sie ihre Menschlichkeit und ihre Sympathie einbüßen. James Horner bläst dabei natürlich mit einem lauten Soundtrack entgegen und erstickt jegliche Nuancen im Keim, das ist insgesamt auf Dauer einfach störend. Schade, da der Film eigentlich eine sehr bewegende und spannende Geschichte erzählt, die etwas kleiner und dabei etwas ehrlicher, ohne die ständigen Abwandlungen von den realen Ereignissen, wesentlich stärker gewirkt hätte als dieser Versuch, Nashs Krankheiten und Probleme massentauglich zu machen. Das klingt nun aber doch sehr viel härter als es ist, denn immerhin weiß der Film über 134 Minuten trotz Längen zu fesseln und immerhin hat er Russell Crowe zu bieten. Der ist zwar immer gut, mit einer angenehm zurückhaltenden, dennoch Raum einnehmenden, entblößenden Performance zeigt er hier jedoch erneut, wieso er einer der besten Mimen unserer Zeit ist. Dass es dafür nicht den Oscar gab, ist schon beinahe eine Frechheit, dass ihn anstattdessen die blasse Jennifer Connelly, die abgesehen von einer starken Szene stets ein wenig verloren wirkt und keinerlei Präsenz darbietet, mit nach Hause nehmen durfte, ist schließlich nicht mehr zu vertreten. Neben Crowe glänzen immerhin noch altbekannte Mimen wie Ed Harris, Donald Sutherland, Judd Hirsch und besonders Paul Bettany, die über etwaige Schwächen in der Inszenierung locker hinweghelfen. Insgesamt dennoch ein fesselnder Film von Ron Howard, der starke Dialoge, bis auf Connelly fantastische Schauspieler und eine bewegende Geschichte unter dem Deckmantel von störendem Pathos und dick aufgetragenen, daher viel zu wuchtigen Emotionen vereint. Das funktioniert so leider nicht ganz.

Note: 3


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