Direkt zum Hauptbereich

Wahrheit oder Pflicht

Sie haben einen regelrechten Lauf: Insbesondere 2017 lieferte das kleine, aber feine Horror-Studio Blumhouse einen Hit nach dem anderen, sammelte für sein von Kritikern und Fans gefeiertes Gruselspielchen "Get Out" sogar etliche Oscarnominierungen. Und eines kann man den Damen und Herren rund um Jason Blum, die hier verlässlich einen neuen Hit nach dem nächsten fabrizieren, niemals anlasten - dass sie unoriginell an die Sache herangehen würden, denn selbst in schwächeren Werken zeigt sich zumeist noch eine wirklich starke Grundidee. So auch bei "Wahrheit oder Pflicht", bei dem diesmal eben ein weltbekanntes Party-Trinkspiel als Grundsatz für einen ziemlich fiesen Dämon herhalten soll...

WAHRHEIT ODER PFLICHT


Es sollte ein ganz besonderer, letzter Abend im Party-Urlaub von Mexiko werden, doch eine Runde Wahrheit oder Pflicht läuft ein wenig aus dem Ruder, als der von der jungen Olivia (Lucy Hale) zur Gruppe eingeladene Carter (Landon Liboiron) gesteht, dass das Spiel echt sei. Er warnt Olivia, immer Wahrheit zu nehmen... sollte man sich der Pflicht oder eben der Wahrheit verweigern, würde ein grauenvoller Tod warten. Zurück in der Heimat scheint das Spiel tatsächlich weiterzugehen und nach dem ersten Todesfall schreckt auch die Gruppe aus Freunden hoch. Gemeinsam versuchen sie, den Fluch zu bannen...

Das klingt zumindest nicht unspannend und in Sachen "originelle Grundidee" zeigt sich Blumhouse hier erneut von seiner guten Seite. Was sie schließlich daraus gemacht haben, stellt sich als teils spannender, letztendlich aber doch nur mittelprächtiger Horror-Thriller heraus, der seine Momente hat, aber auch viel Potenzial verschleudert. Die Charaktere sind für einen Film dieses Genres zum wiederholten Male besser ausgearbeitet als gedacht, auch wenn ich noch immer nicht verstehen mag, wie man wesentlich ältere Erwachsene für die Rollen von neunzehnjährigen Teenies besetzen kann. Die Schauspieler, allen voran Lucy Hale, machen ihre Sache durch die Bank weg solide, wirken in den Rollen aber wesentlich und auch reifer, als sie sein sollten, was nicht gerade für eine große Glaubwürdigkeit innerhalb der Charakteristika sorgt. 
Dass nun jedem von ihnen auch noch ein persönliches Geheimnis angeheftet werden muss, welches bereits in die Richtung eines Dramas tendiert, wirkt auch etwas beliebig, immerhin funktionieren diese Backstorys aber dahingehend sehr passabel, dass sie eben doch mal etwas spannendes zu beichten haben, sofern sie sich denn vorrangig für die Wahrheit und nicht für die Pflicht entscheiden. Damit wir aber nicht nur dabei zusehen müssen, wie junge Menschen ihre schlimmsten Geheimnisse beichten (möglichst natürlich auch vor Publikum), wurden die Regeln des bekannten Trinkspiels noch ein wenig erweitert und wir kommen in den Genuss einiger Pflichtspiele. 
Diese sind vor allem in der ersten Hälfte noch ziemlich spannend aufgebaut und finden ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt in einer dramatischen Lage, als eine junge Dame betrunken auf einem Dach spazieren gehen muss. Hier trickst das Drehbuch recht clever mit den Regeln und sorgt für einige passend platzierte Überraschungen. Je weiter die Geschichte jedoch voranschreitet, sich durch kleine Längen und manch einen etwas entnervenden Subplot schlägt, desto mehr nimmt die Spannung ab. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz des zeitgenössischen Horrorfilms, dass der Schrecken sich langsam anbahnt, um später immer grotesker und brutaler zuzuschlagen... die Aufgaben, die den Teenagern später gestellt werden, sind jedoch arg vorhersehbar und kein Vergleich zu den wesentlich clevereren Hindernissen, die ihnen zuvor aufgetragen werden. 
Immerhin wird der Plot aber noch rund zu einem passenden Ende gebracht, welches eine erneute Überraschung darstellt - der Schluss ist sowohl auf dramaturgischer und charakterlicher Ebene ein ziemlich böser Schlag ins Gesicht und dreht die Story auf ihrem Höhepunkt nochmal um sich selbst, ehe es in den Abspann übergeht. Gerne würde ich da sogar noch eine Fortsetzung sehen, auch wenn diese angesichts einer solchen Wendung etwas schwieriger zu produzieren wäre. Sollte dies, angesichts des mal wieder zufriedenstellenden, finanziellen Erfolgs von "Wahrheit oder Pflicht", aber tatsächlich der Fall sein, sollten sie nicht mehr ständig auf die Altersfreigabe schielen. Bei "Happy Deathday" fiel die Blutarmut des Fantasy-Slashers nicht mehr zu arg auf, da man sich hier auch eher der Comedy und des leisen Thrillers verschrieb, "Wahrheit oder Pflicht" möchte jedoch düsterer und herber sein. Da ist es unverständlich, dass zugunsten einer niedrigeren Freigabe selbst die bösesten Kills vollkommen blutarm und harmlos inszeniert werden, was dem Werk doch einiges an Boshaftigkeit und Energie raubt.

Fazit: Solider Horror-Thriller mit starker Ausgangsidee, aus der jedoch zu wenig gemacht wird. Der Plot hat manch einen Hänger, die Spannung nimmt bisweilen zu schnell ab. Immerhin sorgen die umgeschriebenen Regeln und einige schöne Charakterszenen noch für manch einen schaurigen Moment.

Note: 3-






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid