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Gringo

Vor der neuen Action-Komödie von Regisseur Nash Edgerton konnte man in den letzten Wochen gar nicht fliehen. Der, zugegeben spaßige, Trailer zu "Gringo" lief gefühlt vor jeder zweiten Kino-Vorstellung, die ich mir ansah und trotzdem wurde ich nicht müde, mich auf den Film zu freuen. Ich ahnte schon, dass ich sicherlich kein Meisterwerk des Genres erleben würde, aber die Geschichte klang so herrlich abgedreht und auch die Star-Besetzung las sich wirklich schmackhaft, sodass ich mich doch darauf freute, den Film endlich sehen zu können... und den Trailer in Zukunft aus dem Werbeblock los zu sein, denn irgendwann muss ja auch mal gut sein.

GRINGO


Die Zukunft in der Firma scheint dank einer bevorstehenden Fusion eine finstere zu sein und mit seiner Frau Bonnie (Thandie Newton) läuft es nicht mehr so richtig: Harold Soyinka (David Oyelowo) ist ein Loser, wie er im Buche steht. Als er während einer Mexiko-Geschäftsreise erfährt, dass sein Boss und guter Freund Richard Rusk (Joel Edgerton) ihn tatsächlich absägen will, greift er zum letzten verbliebenen Halm, der ihm noch bleibt. Er verpasst den Flug zurück in die Staaten und erzählt Richard anschließend telefonisch, dass er entführt worden sei. Doch dies ist erst der Beginn einer ganzen Reihe von Komplikationen, in die sich auch noch das mexikanische Drogenkartell, ein drogenschmuggelndes Pärchen und ein Ex-Soldat einmischen...

Tatsächlich ist man als Zuschauer, zumindest sofern man den Trailer gesehen hat, der gewisse Erwartungen an den Plot weckt, zu Beginn noch etwas untersättigt. Tatsächlich lässt sich Regisseur Nash Edgerton (übrigens der Bruder des Darstellers Joel Edgerton) nämlich überraschend viel Zeit, um Harolds Leben abzubilden, der Firma, in der er, Rusk und die von Charlize Theron gespielte Elaine Markinson arbeiten, abzubilden und auch noch eine Handvoll anderer, später ziemlich wichtig werdender Subplots vorzustellen. Der Film springt zwischen mehreren Handlungen hin und her und anfangs kann man nur ahnen, wie diese später noch zusammenlaufen sollen... das Werk überrascht einen auf diesem Weg dann aber tatsächlich das ein oder andere Mal, wenn ganze Szenen und Plots eben nicht ganz so verlaufen wie man es von dem Genre gewohnt ist und man auch auf einige Klischees verzichtet. 
Wie man "Gringo" dann wesentlich besser beschreiben kann, ist mit nur einem Wort und dieses lautet "wirr". Das ist aber definitiv nicht im negativen Sinne gemeint, denn gerade durch seine etlichen Wirrungen und Verkomplizierungen erhält der im Kern vollkommen einfache Plot, der sicher auch ohne manch eine Nebenhandlung ausgekommen wäre, dem so aber jede Menge Spaß und einige schrullige Charaktere durch die Lappen gegangen wären, sein gewisses Etwas. Es ist vollkommen absurd und überdreht, was da streckenweise auf der Leinwand passiert, trotzdem kann man nie so genau sagen, was als nächstes passiert, wodurch einige nette Überraschungen durchaus vorprogrammiert sind. Der Trailer hat den Zuschauer dadurch passenderweise in die Irre geführt und wir sehen einen in Teilen ganz anderen Plot... was anfangs für Verwirrung, später dafür aber nur für umso mehr Spaß sorgt. 
Über die ganze Spieldauer hinweg funktioniert das aber nicht, da sich insbesondere im etwas langsamen Beginn doch die ein oder andere Länge einschleicht und auch nicht alle Charaktere mit genügend Finesse gezeichnet sind, um sie über Abziehbilder hinaus zu entwickeln. Das gilt dann insbesondere für Harolds Frau Bonnie, gespielt von "Mission: Impossible"-Star Thandie Newton, als auch für den gefährlichen Drogenboss, der durch seine Leidenschaft zu den Beatles abwägt, ob er den vor ihm sitzenden Mann denn tötet oder ihn nur eines Körperteiles befreit. Auch nicht jeder Gag trifft dabei ins Schwarze, insgesamt ist die Treffer-Quote aber doch erstaunlich hoch... dank eines klaren Minus an ständiger Action, dafür aber einigen sehr schön geschriebenen Dialogen bleibt der Spaß-Faktor hoch genug, um am Ball zu bleiben. 
Daran sind auch die enorm spielfreudigen Darsteller nicht unschuldig: Sharlto Copleys Rolle fällt leider etwas klein aus, dafür sind seine Szenen dann aber durchgehend ganz Große und David Oyelowo gibt in der Hauptrolle den Loser vom Dienst mit enorm viel Charme und einem herausragenden Comedy-Timing. Erwähnen muss man an dieser Stelle dann natürlich auch Joel Edgerton und "Mad Max"-Star Charlize Theron. Während letztere ja bereits seit geraumer Zeit gerne mal die manipulierende Femme Fatale durchscheinen lässt und dies hier erneut mit viel Spaß und lockerem Mundwerk sowie einer gehörigen Portion Sexappeal tut, ist Joel Edgerton als zwischen den Fronten stehender, eigentlich jedoch klar als Arschloch konzipierter Geschäftsmann eine ganz große Nummer. Wie er ebenso unsicher wie offensichtlich blöde in den verschiedensten Wirrungen kaum mehr weiß, was er tun soll das ist einfach umwerfend komisch.

Fazit: "Gringo" lebt von seinen Wirrungen und Irrungen, die das Drehbuch auf clevere Weise in den Haupt- und Subplots streut, sowie von seinem enorm spielfreudigen Ensemble. Trotz einiger Längen und unsauber geschriebener Figuren macht dieses leicht überdrehte und dennoch äußerst witzige Comedy-Abenteuer viel Spaß.

Note: 3+



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