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Der Pianist

Filme über das Dritte Reich und die Judenverfolgung gibt es etliche. Viele von ihnen sind mehr als sehenswert, bebildern die historischen und grausamen Ereignisse während eines der größten Massenmorde der Weltgeschichte auf erschreckende Art und Weise. Vielen Filmfans dürfte als erstes Beispiel dabei stets "Schindlers Liste" einfallen, Steven Spielbergs Meisterwerk, welches so viele Szenen besitzt, die sich tief ins Mark des Zuschauers einbrennen, dass man es sicherlich niemals vergisst. Und dann ist da natürlich auch noch "Der Pianist", einer von Roman Polanskis bekanntesten Filmen, der auch völlig zurecht den Status eines außergewöhnlichen Werkes besitzt.

DER PIANIST


Der jüdische Pianist Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) lebt 1939 mit seiner Familie in Warschau, als die Deutschen ins Land einfallen. Schon bald werden alle Juden von den restlichen Einwohnern getrennt und in Arbeitslager gebracht - die Judenverfolgung nimmt ihren Anfang. Eine grausame Zeit steht Wladyslaw und seiner Familie bevor, Hungersnöte, Kälte und die unerbittlichen Soldaten unter Hitlers Kommando fordern ihren Tribut. Wladyslaw kann jedoch auf einige Menschen vertrauen, die sein Leben schließlich verlängern... stets verfolgt von der deutschen Übermacht kann er sich nirgends wirklich sicher fühlen.

Roman Polanski wird mit diesem Film sicherlich eine Art Vergangenheitsbewältigung erreicht haben, schließlich überlebte er als Kind das Krakauer Getto, verlor seine Mutter im KZ und musste unvorstellbares Leid durchleben. Dass er "Der Pianist" nun teilweise gar an Original-Schauplätzen drehte, fügt dem Werk, welches ohnehin schon von einem unglaublichen Tatsachen-Realismus lebt, noch etwas Essentielles zu - es sieht alles so aus, wie wir es uns immer vorgestellt haben und übertrifft noch unsere grausamsten Bilder. Sicherlich möchte Polanski mit Aufnahmen willkürlich erschossener und aus dem Fenster geworfener Menschen oder mit einer Szene, in welcher ein Soldat noch in aller Seelenruhe seine Waffe nachlädt, bevor er zum nächsten tödlichen Schuss ausholt, schockieren... aber er tut dies nicht zum Selbstzweck. 
Die Bilder sprechen innerhalb des historischen Kontextes für sich und lassen uns oftmals das Blut in den Adern gefrieren. Ein Blick zurück in eine grauenvolle Vergangenheit, die Polanski ohne Verschönerung bebildert, dabei ebenso harsch wie brutal zugeht und Menschen mit dünnerem Nervenkostüm überfordern dürfte. Es soll aber auch kein angenehmer Film sein, den wir hier sehen, sondern eine Abhandlung. Auch wenn es noch Hoffnung gibt, die in den Augen des Protagonisten zu sehen ist... es ist keine schöne Welt, in der er lebt. Sie ist ihm feindlich gesinnt, um ihn herum geht die Welt zu Grunde und er kämpft immer und immer weiter. Das hat sowohl auf inszenatorischer als auch auf Handlungsebene so enorm viel Kraft, dass man stellenweise kaum glauben kann, was man hier sieht. 
Trotz einiger dramaturgisch gedehnter Momente, die doch für manch eine spürbare Länge in der zweiten Filmhälfte sorgen und einer Geschichte, der es insgesamt sicherlich an ein wenig Substanz fehlt, überzeugt "Der Pianist" über seine gesamten 140 Minuten lang. Natürlich vermissen Filmfans einen wendungsreicheren Plot, aber den braucht es hier eigentlich nicht, da die Weltgeschichte diesen bereits geschrieben hat. Bitter und kalt wie ein Horrorfilm entführt sie uns in die Welt der Judenverfolgung, spielt sicherlich mit einigen Klischees, lässt diese jedoch atmen und mal ihre ganze Grausamkeit und dann wieder all ihr Herz verteilen. 
Wer all dies letztendlich aufnimmt ist natürlich "Grand Budapest Hotel"-Star Adrien Brody, der hier oftmals als alleiniger Darsteller das Geschehen stemmen muss. In seinem Gesicht zeichnen sich nach und nach die Trauer, das Leid, die unvorstellbare Furcht ab, bis er gar den Verstand zu verlieren droht. Es wäre eine leichte Falle für einen Schauspieler gewesen, in dieser Form zu überzeichnen, mehr zu machen, schnell unglaubwürdig zu werden... Brody tut dies zu keinem Zeitpunkt. Er bleibt kraftvoll, selbst wenn er am Boden liegt und liefert eine solch meisterhafte Performance, dass der 2003 an ihn überreichte Oscar als bester Hauptdarsteller noch viel zu wenig ist. Neben ihm überzeugt auch Thomas Kretschmann (beide spielten 2005 in Peter Jacksons "King Kong"-Remake übrigens wieder Seite an Seite), dem mit seiner kleinen, aber enorm gewichtigen und historisch belegten Rolle der internationale Durchbruch gelang.

Fazit: Intensives Historien-Kino, welches die Judenverfolgung auf grausamste Art bebildert, nichts verschönert und den Zuschauer somit in einen Gefühlswandel zwischen Schrecken, Furcht und Hoffnung wirft. Innerhalb der beinharten, wenn auch stellenweise etwas langatmigen Inszenierung, glänzt Hauptdarsteller Adrien Brody.

Note: 2-






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