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Marvel's Daredevil - Die erste Staffel

Das gigantische Marvel Cinematic Universe, welches seit gut einer Dekade ungemein erfolgreich läuft und im April mit "Avengers: Infinity War" endlich auf den ersten Teil des großen Klimax zuläuft, auf den man nun seit zehn Jahren hinarbeitet, hat die Grenzen des Kinos schon längst gesprengt. Auch Serien zählen mittlerweile zu dem großen Universum und wenn man ein wenig gemein ist, kann man sagen, dass man sich hier den Helden widmet, die für die große Leinwand vielleicht nicht interessant genug sind. Ob das stimmt, muss natürlich jeder für sich entscheiden, den Anfang macht aber tatsächlich der blinde Rächer, dessen Kinoauftritt im Jahr 2003 haltlos floppte. Vielleicht also besser, Daredevil erstmal ein wenig im TV auftreten zu lassen...

DAREDEVIL - STAFFEL 1


Im Alter von neun Jahren verlor Matthew Murdock (Charlie Cox) durch einen Autounfall sein Augenlicht, als er von chemischen Substanzen getroffen wurde. Dafür haben sich jedoch seine anderen Sinne enorm verstärkt - er hört und riecht so gut, dass diese sein Bild förmlich ersetzen, er reagiert schneller und gezielter. Jahre später ist aus Murdock ein ausgebildeter Rechtsanwalt geworden, der gemeinsam mit seinem guten Freund Foggy Nelson (Elden Henson) eine eigene Kanzlei aufgemacht hat, um den unschuldig Verurteilten zu helfen. Des Nachts nimmt Murdock die Justiz jedoch in seine eigene Hand - dank seiner Fähigkeiten nimmt er den Kampf gegen grausame Verbrecher auf. Gemeinsam mit Foggy und der neuen Sekretärin Karen Page (Deborah Ann Woll) kommt er dabei auch Wilson Fisk (Vincent D'Onofrio) auf die Spur, einem Unternehmer, der die Stadt in seiner Faust hält...

Als großer Fan des MCU wollte ich meinen Blickwinkel erweitern und da ja schon bald der "Infinity War" ansteht, der alles, wirklich alles in zwei gigantischen "Avengers"-Filmen zu einem Showdown der Superlative bringen dürfte (ja, ich bin dem Hype schutzlos ausgeliefert), wollte ich die Serienlücke schließen und mich mit den "Defenders" auseinandersetzen, die seit einigen Jahren ihr Dasein beim Streaming-Giganten Netflix pflegen. Ich freute mich schon sehr darauf, endlich die andere Seite eines meiner liebsten Kinouniversen kennezulernen, so ganz konnte "Daredevil" meine sicherlich nicht niedrigen Erwartungen aber nicht erfüllen. 
Zunächst einmal musste ich mich an den doch arg anderen Stil gewöhnen, den diese erste Staffel auszeichnete. Natürlich ist es generell begrüßenswert, wenn man sich von den Kinostoffen abheben möchte, dennoch soll das alles ja mehr oder weniger ein gemeinsames Universum ergeben... bis auf einige winzige Anspielungen hält man sich hier aber zu keinem Zeitpunkt mit den Avengers auf. Das ist sicherlich in Ordnung, trotzdem wirkt es angesichts des überraschend brutalen Stils (überraschend deshalb, da ja auch immer noch Disney die Hand über dem Universum hält), der teilweise auch eine FSK-18-Freigabe verdient gehabt hätte und nicht mit Blut, Gedärm und langen Einstellungen von abgeschlagenen Köpfen spart, nicht so ganz kohärent. Auch das beinahe völlige Fehlen von Humor fällt auf - "Daredevil" agiert über seine gesamten dreizehn Folgen extrem düster und erwachsen und hebt sich alleine dadurch schon prägnant von den eher auf buntere Unterhaltung spezialisierten Iron Man und Thor ab. 
Damit hätte ich mich jedoch noch anfreunden können, wenn man denn mit diesem neuen Stil eine wirklich packende Geschichte erzählt hätte - dem ist aber nicht wirklich der Fall. Natürlich ist es schön, wenn man sich für die oft doch etwas schmalspuriger erzählten Comicverfilmungs-Geschichten nun über dreizehn Folgen Zeit nehmen kann, die Charaktere tiefer zu gestalten und auch den Bösewicht besser zu zeichnen... "Daredevil" gelingt dieser Drahtseilakt aber nur bedingt. Die Geschichte ist etwas tiefer erzählt, keine Frage, im Kern ist es aber trotzdem nur wenig mehr als eine ewige Gut-gegen-Böse-Geschichte, die, ähnlich einem "The Return of the First Avenger", als recht realistischer Thriller rüberkommt, aber trotzdem Originalität vermissen lässt. 
Positive Ausnahmen wie die bewegend erzählten Vorgeschichten einiger Charaktere, darunter auch der Hauptfigur, stechen heraus, darüber hinaus jedoch bietet diese Staffel eine Geschichte wie jede andere und dass diese nun deutlich länger und breiter erzählt wird, obwohl der eigentliche Stoff fehlt, fällt negativ auf. Etliche Szenen hätten kürzer gefasst werden müssen, agieren in langen Einstellungen und sich im Kreis drehenden Gesprächen und Recherchen ganz klar als lapidare Füller und lassen die ohnehin nicht unbedingt hochspannende Geschichte auf der Stelle treten. Die Mono- und Dialoge über Recht und Ordnung, Mut und den Kampf gegen das Böse wiederholen sich, die Charaktere entwickeln sich selten weiter und generell hat "Daredevil" wenig zu erzählen, ist nur der erste Akt, den man wesentlich flotter hätte erzählen können, ja sogar müssen. 
Immerhin nimmt die Show gegen Ende deutlich an Fahrt auf, überrascht mit einigen netten Wendungen und einem spektakulären Finale, welches einige schöne Momente bereithält, dass man sich zuvor angesichts der mauen Figuren und der extrem langsam anlaufenden Geschichte aber schon einige Male gelangweilt hat, kann auch dieser positive Trend nicht mehr ändern. Ich bleibe dennoch optimistisch - vielleicht liegen mir die anderen Helden ja mehr und ich kann mich mit dem Stil besser anfreunden, wenn ich langsam, aber sicher den Blick über das große Ganze erhalte. "Jessica Jones" steht dann als nächstes auf dem Plan, bevor es in die zweite Staffel des blinden Rächers geht. Diese wird zulegen müssen, um mich beim nächsten Mal vielleicht doch noch zu überzeugen.

Fazit: Kein wirklich glamouröser Einstieg ins MCU der Serien. "Daredevil" erzählt seine Geschichte auf umständliche Weise, dreht sich im Kreis und nimmt erst spät an Fahrt auf, wobei die Figuren, obwohl durch mehr Zeit tiefer gestaltet, nicht an Sympathie gewinnen. Der düstere Stil ist ansprechend, dabei aber auch nicht durchgehend kohärent gegenüber des ganzen Universums.

Note: 3-




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