Direkt zum Hauptbereich

Auslöschung

Der Weg war ein langer und steiniger: Die Trailer zum neuen Sci-Fi-Thriller "Auslöschung", aus der Feder von "Ex Machina"-Regisseur Alex Garland, liefen bereits im Kino und priesen einen Start im Februar an... als die Studios kalte Füße bekamen. Trotz der hohen Erwartungen der Fans glaubten die Experten nicht an einen großen Erfolg und wollten den Film lieber bei einem Streaming-Partner unterbringen - Netflix schnappte sich den potenziellen Klassiker prompt. In den USA lief der Film nun noch einige Tage im Kino, hier in Deutschland ist er gleich auf dem heimischen Bildschirm erschienen. Diskussionen über diese Vorgänge werden nun schon lange und breit geführt, doch wie sieht es mit dem Film aus: Ist er wirklich so meisterhaft und wegweisend, wie alle es sagen?

AUSLÖSCHUNG


Völlig verwirrt und offensichtlich krank kehrt Soldat Kane (Oscar Isaac) nach zwölfmonatiger Abwesenheit von einem geheimen Einsatz zurück und wird sogleich unter Quarantäne in eine abgeschottete Einrichtung gebracht. Seine besorgte Frau Lena (Natalie Portman) folgt ihm und wird von der Einsatzleiterin Dr. Ventress (Jennifer Jason Leigh) in das Geheimnis des Vorfalls eingeweiht - ein seltsamer Schimmer rund um eine Leuchtturminsel hat die Aufmerksamkeit des Militärs erweckt, mit der Ausnahme Kanes ist jedoch bislang niemand, der den Wald betrat, wieder zurückgekehrt. Lena schließt sich dem neuen Einsatzteam, bestehend aus vier weiteren Frauen, an und betritt den Schimmer... mit schrecklichen Folgen.

Über eine Sache muss man hier gar nicht mehr diskutieren - "Auslöschung" gehört ohne Zweifel ins Kino. Der Film ist optisch auf dem höchsten Niveau, hält visuell etliche Schmankerl bereit, ohne sich in Computereffekten zu verlieren und liefert einige wunderbare Bilder, die man sich gerne so an die Wand hängen möchte. Auch die Handlung verdient eine größere Auswertung als es nun, nachdem die Studiobosse den Schwanz eingezogen haben, auf Netflix geschehen ist, dürfte der Film in einigen Jahren vielleicht doch als geheime Perle seines Genres gelten. 
Alex Garland verweigert sich, wie auch schon bei seinem allgemein sehr positiv aufgenommenen Regie-Erstling "Ex Machina", strikt dem Mainstream und dringt in eine andere Ecke des Sci-Fi vor, wobei sein Film mehr mit "2001" gemeinhat als mit "Alien". Er stellt einige wichtige Fragen, hat aber leider auch nicht immer Antworten darauf, was das große Finale, so genial und augenöffnend es auch ist, doch etwas leer erscheinen lässt. Er denkt seine Aussagen eben nicht immer zu Ende, lässt die Zuschauer staunen, zum Schluss aber nicht verstehen... hier macht es sich Garland unter dem Aspekt, dass schließlich viel Diskussionsbedarf herrscht, er sich aber nicht selbst miteinbringt und das Publikum selbst zu Ende denken lässt, doch ein wenig zu gemütlich - es scheint, als hätte er da selbst auch keine konkrete Lösung parat gehabt. 
Trotzdem ist das, was wir visuell während den letzten zwanzig Minuten zu sehen bekommen, ein absoluter Traum, etwas ähnliches haben wir in diesem Genre vielleicht noch nie zu Gesicht bekommen, ein Mix aus beängstigender Schönheit und ergriffener Finsternis. Diese Atmosphäre bietet "Auslöschung" während seiner gesamten Laufzeit von 115 Minuten, dann aber nicht immer in einer solch entwaffnenden Genialität, denn wenn sich der Film im Mittelteil doch recht deutlich beim Monstergenre anbiedert, wird es etwas zu lasch. Trotz unumstritten herausragender Ideen wie dem Verlust des Zeitgefühls haben die verschiedenen Monsterattacken bis auf ihre genialen Effekte keinen echten Mehrwert für die Handlung und wirken ein wenig wie das etwas unmotivierte Greifen in die Trickkiste, um ein wenig Spektakel zu bieten... Spektakel, welches blendet, um einige lose Story-Fäden zu überdecken, wobei auch die innere Logik das ein ums andere Mal sichtbar mit Füßen getreten wird. 
Das ist am Ende nicht ganz rund, leidet auch ein wenig an zu schwach gezeichneten Nebenfiguren, hat sein Herz voll und ganz an seine Protagonistin verloren ("Brothers"-Star Natalie Portman ist so stark wie eh und je) und deswegen für den restlichen Cast, darunter Jennifer Jason Leigh und "Thor"-Star Tessa Thompson, nicht mehr ganz so viel erinnerungswürdige Momente übrig. All diese Schwächen sorgen nicht dafür, dass aus "Auslöschung" auch nur annähernd ein schlechter Film wird, er ist nur eben kein Meisterwerk, was auch "Ex Machina" schon nicht war. Es wäre mehr drin gewesen, es hätte mehr sein müssen... aber was wir hier sehen, ist trotzdem sehr gut. Beim nächsten Mal klappt es dann auch an den einzelnen Enden, Herr Garland - visuell und atmosphärisch macht dem Herrn eh niemand mehr etwas vor.

Fazit: Einzelne Storyfäden bleiben lose, ab und zu weicht die innere Logik des Plots der visuellen und atmosphärischen Brillanz. Das ist dann streckenweise unentschlossen und nicht ganz rund, dafür jedoch auch so spannend und intelligent, dass es schier entwaffnend wirkt.

Note: 3+








Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid