Direkt zum Hauptbereich

Zimmer mit Aussicht

Manchmal kann man einfach nichts dafür, wenn einem gewisse Filme nicht gefallen. Die Filme müssen noch nicht einmal schlecht gemacht sein, sie werden generell wohl sogar oft als sehr gut angesehen... aber man selbst kann mit diesem Werk dann eben gar nichts anfangen - es ist eben eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich zum Beispiel kann kaum etwas mit den romantisch-dramatischen Kostümfilmen anfangen, die sich oftmals um Verlobungen, wahre Liebe und das Aussprechen oder eben Nichtaussprechen großer und kleiner Geheimnisse drehen. Selbst die hochgelobte Variante von "Stolz und Vorurteil" aus dem Jahr 2005 konnte mich nie wirklich in ihren Bann ziehen, "Zimmer mit Aussicht" wollte ich dennoch besonders wegen der beeindruckenden Besetzung eine Chance geben...

ZIMMER MIT AUSSICHT


1907: Die junge Lucy Honeychurch (Helena Bonham Carter) reist gemeinsam mit ihrer Tante Charlotte Bartlett (Maggie Smith) nach Florenz. Dort lernt sie den charmanten Mann George Emerson (Julian Sands) kennen, welcher Lucy recht deutliche Avancen macht, die sie auch gerne annimmt - Charlotte sticht jedoch dazwischen und bricht die Reise daraufhin ab. Wenig später wird Lucy mit dem stocksteifen Snob Cecil Vyse (Daniel Day-Lewis) in England verlobt und gibt sich glücklich und zufrieden. Als sie jedoch George wiedertrifft, unternimmt ihr Leben eine turbulente Wendung...

Nein, wer mit Filmen diesen Genres - so wie ich - nichts anfangen kann, den wird auch "Zimmer mit Aussicht" nicht bekehren, so viel steht fest. Mir persönlich liegt dieses Getue eben einfach nicht, wenn es um doch sehr lauwarme Konflikte wie die Entscheidung, einer engen Verwandte nun einen Besuch zu erlauben, da ihr heimischer Wasser-Boiler den Gest aufgegeben hat, geht oder mit ebenso großen Blicken wie Gesten Gefühle erlogen oder herausposaunt werden. Als der gleichnamige Roman von E.M. Forster im Jahr 1908 erschien, waren dies noch andere Zeiten, heute wirkt dies natürlich ebenso aufgesetzt wie langatmig, dank unserer veränderten Sehgewohnheiten. 
Dass all dies noch immer Charme hat, lässt sich zu keiner Sekunde abstreiten - allerdings keiner, der mir persönlich irgendetwas abgewinnt. Der Film selbst trägt niemals die Schuld daran, ebenso wenig, wie "Twilight" Schuld daran ist, dass ich keine Vampir-Schmonzetten mag... bei dieser Kritik sollte der Leser also bitte tunlichst unterscheiden, ob ich von einem schlechten Werk rede (was dieser hier nicht ist) oder von einem sicherlich guten Film, der mir persönlich eben einfach nicht liegt, aufgrund des Genres, der Inszenierung und des Themas. Dementsprechend möchte ich niemanden angreifen, der sich solcherlei Werken in ihrer zeitlosen Kunst hingeben mag, denn ich kann gut verstehen, dass man an solch doch recht kitschiger und ungefilterter Romantik durchaus Gefallen findet. Ich tue dies zumindest in dieser Form nicht - wenn es kitschig wird, dann gerne ein wenig flotter und auch selbstironischer, um mich noch bei der Stange zu halten, dementsprechend habe ich also auch nichts gegen RomComs oder tiefere, dramatische Liebesgeschichten. 
Hier habe ich mich jedoch über weite Strecken gelangweilt, auch wenn mich manch eine amüsante Einzelszene mein abgeschweiftes Interesse stets hervorgelockt hat. Dazu zählen im Grunde die besonders in der zweiten Hälfte häufiger gesäten Auftritte des mehrfach oscarprämierten (unter anderem für "Lincoln" und "There will be Blood") Daniel Day-Lewis, der hier als steifer und emotional vollkommen unbeholfener Stockfisch einfach eine grandiose Performance hinlegt. Jede Szene mit ihm ist ein Gewinn und auch wenn der Vergleich zwischen der künstlerisch angehauchten und somit doch eher langweiligen Persönlichkeit Cecils und der des wesentlich lebensfreudigeren und "echteren" George Emerson hier arg karikiert wird und man solch ein Thema sicherlich schon mehr als einmal in ähnlich gearteten Filmen sah - das hier ist dann doch sehr amüsant und kurzweilig inszeniert. 
Neben Day-Lewis, der ganze Szenen praktisch im Alleingang stiehlt, gefällt auch die restliche, illustre und durchgehend englische Besetzung. Helena Bonham Carter, die später durchaus mit ihrer wesentlich skurilleren und unkovnetionelleren Rollenauswahl Anklang bei Kritikern fand, wirkt hier wesentlich tougher und selbstbewusster, als es den Damen in dieser Art Filmen zumeist bescheinigt wird, dementsprechend weiß ihre Darstellung durchaus zu gefallen. Bravourösen Szenenapplaus verdienen sich zudem auch "Harry Potter"-Star Maggie Smith, die immer wieder eine bewegende Empathie durchscheinen lässt, der großartige Denholm Elliott sowie "Skyfall"-Star Judi Dench, die hier leider wenig zu tun bekommt... in ihren wenigen Momenten aber schier die Leinwand einnimmt.
Fazit: Wer mit dem Genre nichts anfangen kann, wird auch diesen Film nicht mögen. Dementsprechend empfand ich "Zimmer mit Aussicht" wie erwartet als arg überkitscht und langatmig, trotz einiger sehr amüsanter Einzelszenen und einem herausragenden Daniel Day-Lewis.

Note: 4




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid