Direkt zum Hauptbereich

Das Belko Experiment

Ich liebe Horrorfilme, dennoch kann ich die Anzahl der Genre-Werke, die mich in den letzten Jahren so richtig vom Sessel gefegt haben, an einer Hand abzählen. Es ist eben mittlerweile schwer, noch etwas Neues zu finden und trotz guter Unterhaltung fehlt oftmals der letzte Kick im momentanen Horror-Bereich. Im Jahr 2012 war "The Cabin in the Woods" der ganz große Ass-Kicker, der das Genre so ab adsurdum führte, dass es einen noch länger verfolgte... so etwas hatte bis dato noch nicht gegeben und gab es im Anschluss auch nicht mehr. Am ehesten hatte zuletzt noch "Das Belko Experiment" das Potenzial, einen ähnlich heftigen Klassiker zu erschaffen. Dazu hat es nun aber leider nicht gereicht.

DAS BELKO EXPERIMENT


Die Angestellten der Belko Corporation kommen wie jeden Morgen zur Arbeit, streiten sich, lachen miteinander, erledigen ihren Job. Nur wenige sind sich an diesem Tag unschlüssig, was die neuen, schwer bewaffneten Wachleute am Eingang sollen und wieso all die einheimischen Mitarbeiter an diesem Morgen ohne weitere Worte nach Hause geschickt werden. Als dann eine unheimliche Durchsage in den Büros ertönt, bricht bald Panik aus: Die unbekannte Stimme verlangt das Töten von mehreren Kollegen - geschähen die Morde nicht, würden die Hintermänner wahllos die doppelte Anzahl der Angestellten ermorden. Zunächst halten die Mitarbeiter alles für einen geschmacklosen Scherz, doch bald darauf gibt es bereits den ersten Toten...

James Gunn lieferte das Drehbuch für diesen ziemlich düsteren Action-Thriller... und hätte dieser nicht 2014 mit seinen "Guardians of the Galaxy" einen Mordserfolg gefeiert, wäre das Skript wohl noch für lange Zeit in einer Schublade gelandet. Es ist tatsächlich ziemlich harter Tobak, der uns hier aufgefahren wird, weswegen es verständlich ist, dass sich lange Zeit kein Studio finden ließ, die dafür ihr Geld auffahren wollten... ein Risiko, welches sich an den Kassen nun zwar einigermaßen ausgezahlt hat, auf qualitativer Ebene allerdings im Mittelmaß steckenbleibt. 
Man kann dem Film jedoch nicht vorwerfen, dass er keine Überraschungen bieten würde - besonders, dass man das Massaker, welches unerwartet früh Einzug hält, hier später eben gar nicht mehr ironisch bricht, sondern einfach seinen blutigen Lauf nehmen lässt, lässt das ein ums andere Mal schwer schlucken. Obwohl die Geschichte und auch die letztendliche, lahme Auflösung der Geschehnisse vollkommener Schwachsinn ist und auch die meisten der Stereo-Charaktere auf Humorbasis agieren, winkt uns Ironie nur von wenigen Momenten entgegen - die Macher meinen diesen Blutrausch also tatsächlich ziemlich ernst. 
Dementsprechend brutal wird hier vorgegangen und wenn das nicht enden wollende Massaker kurz nach der Halbzeit dann auch richtig losgeht, gibt es schlichtweg kein Halten mehr. Menschen werden wie zur Zeit des Dritten Reichs an die Wand gestellt, um einfach hingerichtet zu werden und schließlich entsteht eine Hatz durchs gesamte Gebäude - hier liefern die Macher immer wieder Überraschungen, wenn sie gewichtige Haupt- und Nebenfiguren gerade dann aus dem Spiel nehmen, wenn man nicht damit rechnet. Das ist heftig inszeniert, sicherlich nichts für schwache Gemüter und entbehrt gerade gegen Ende auch einer gewissen Spannung und Intensität nicht, wenn in wenigen Sekunden nach und nach etliche Charaktere ihr Leben lassen müssen. 
Und dennoch, auch wenn ich die Originalität des Stoffes und auch dessen Konsequenz (so schwer sie manchmal auch zu fassen ist) begrüße und hoffe, dass Studios weiterhin Risiken für solch dreckige, kleine Genrefilme aufnehmen, bevor uns noch weitere tausend Teile von "Saw" und "Paranormal Activity" erwarten, ohne dass dabei mal etwas Neuartiges ans Tageslicht kommt... "Das Belko Experiment" schafft es nicht über die Zielgerade. Das liegt daran, dass all das Blutvergießen während der Laufzeit von anderthalb Stunden letztendlich doch etwas zäh vonstatten geht - man kann einen solchen Amoklauf (anders lässt sich das Gesehene kaum beschreiben) eben nur auf so und so viele Arten ablichten, ohne das gesamte Publikum nachhaltig zu traumatisieren... und am Ende sind den Machern da doch deutlich die inszenatorischen Ideen ausgegangen. Dass sich bis auf eine Nebenfigur hier auch kaum jemand als wirklicher Sympathieträger herauskristallisiert, erschafft zwar die nötige Distanz zum Blutrausch, sorgt aber auch dafür, dass wir mit den Figuren nie wirklich mitfiebern möchten und uns schließlich nur noch allem ergeben - wir sehen zu, wir spüren die Brutalität... aber die Gefühle bleiben ausgeschaltet.

Fazit: Dreckiger, kleiner Horrorfilm - maßlos brutal, nur selten ironisch gebrochen, wild und zügellos. Die Idee ist originell, da die Charaktere jedoch vom Reißbrett stammen und es letztendlich an inszenatorischen Neuheiten fehlt, weicht das Gefühl des maßlosen Schocks spätestens zum Finale einer gewissen Monotonie.

Note: 3-




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid