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The Walking Dead - Die siebte Staffel

Kaum ein Cliffhanger hat mich während meiner gesamten Serien-Laufbahn jemals so sehr geschockt, so aus der Bahn geworfen und das Warten auf die Fortsetzung zu einer solchen Qual gemacht wie der, mit dem die sechste, starke Staffel von "The Walking Dead" endete. Es gab ein Opfer unter der Reihe unserer geliebten Hauptcharaktere zu beklagen, wem der neue Bösewicht jedoch den Schädel mit seinem stacheldrahtumwickelten Baseballschläger zermatschte, wurde uns nicht präsentiert. Mit der Auflösung dieses gigantischen Fragezeichens erreicht die nunmehr siebte Staffel nun ein dramatisches Terrain, welches schier unbeschreiblich ist - um im Anschluss qualitativ jedoch deutlich Federn zu lassen.

THE WALKING DEAD - STAFFEL 7


Rick Grimes (Andrew Lincoln) steht mit dem Rücken zur Wand - er und seine Gruppe sind verloren. Nachdem sie Negan (Jeffrey Dean Morgan) und seinen Männern, den "Saviors", in die Arme gelaufen sind, müssen sie ein schreckliches Opfer bringen und sich anschließend in die Dienste der Feinde stellen lassen. Rick ist gebrochen und tut resigniert, wie ihm befohlen wird, während andere ihren Kampfeswillen noch nicht verloren haben. Hoffnung scheint dabei in Richtung der anderen, gut versteckten Gemeinschaften zu liegen: Carol (Melissa McBride) und Morgan (Lennie James) lernen im "Königreich" den mächtigen Anführer Ezekiel (Xander Berkeley) kennen, während auch Hilltop noch immer auf dem Berge steht. Negan scheint der Sieger von allen zu sein, doch langsam aber sicher verdichten sich auch die Anzeichen gegen ihn auf Sturm...

Mit der Auflösung des wohl gemeinsten und grausamsten Cliffhangers der Seriengeschichte schließt man nahtlos an die Qualität an, die man während der letzten fünfzehn Minuten der sechsten Staffel so eindrucksvoll bot: Mit dem von Jeffrey Dean Morgan unglaublich intensiv dargebotenen neuen Schurken Negan erhalten wir einen Gegenspieler, den es sich zu hassen lohnt und der gleich in der ersten Folge seinen Baseballschläger Lucille einsetzt. Das Ergebnis dieser Tat ist eine der emotionalsten, brutalsten (unglaublich, dass es diese Momente ungeschnitten nach Deutschland geschafft haben, ich habe selten etwas grafisch heftigeres sehen müssen) und bedrückensten Episoden der ganzen Serie, die zudem auch die anderen Handlungen in Gang setzt - viel besser, intensiver und brachialer hätte man diese Staffel niemals beginnen können, es ist anschließend jedoch auch ein kleines Armutszeugnis, dass man dieses Niveau nicht mehr hält, sondern sogar klar unter der Qualität aller bisherigen Staffeln agiert. 
Die verschiedenen Handlungen und Figuren werden gesplittet, zur Hochzeit kann man fünf bis sechs wichtige Plots an verschiedenen Standorten verfolgen, die jedoch in dieser Staffel deutlich voneinander abgespalten wirken. Vielen Plots werden dabei ganze Folgen gewidmet, obwohl diese offensichtlich nicht für fünfzig Minuten tragen - bezeichnend ist dabei eine Episode rund um den Nebencharakter der Tara, die nie wirklich in Schwung kommt. Von solchen Episoden bietet die siebte Staffel nun ungewohnt viele, alle sechzehn Folgen scheinen auf den unvermeidlichen Krieg gegen die Saviors vorzubereiten, wobei handlungstechnisch aber eben nicht mehr als diese Vorbereitung herumkommt. Die Beißer werden nun vollkommen zur banalen Nebensache degradiert (was okay ist, schließlich muss sich die Geschichte auch weiterentwickeln), während wir auf die ganz großen Gefechte ebenfalls noch warten müssen. 
Die Autoren nutzen dies auf teils recht clevere Weise, um den neuen und alten Charakteren Konturen zu verleihen - ein ganzer Haufen neuer Figuren wird eingeführt, es eröffnen sich förmlich neue Welten und Altbekannte bekommen neue Seiten zugestanden. Alles sehr gute Ansätze, die jedoch aufgrund der deutlichen Gestrecktheit der einzelnen Plots oftmals nicht mehr als ebendas bleiben. Man übertreibt es mit der überdeutlichen Ruhe, kommt in der Handlung nur sehr, sehr langsam voran und nutzt streckenweise Großteile von einzelnen Folgen als puren Füller - Handlungen, die auch in fünf Minuten hätten erzählt werden können, werden über vierzig Minuten gestreckt. Ungewohnte Längen sind ebenso wie die Folge wie eine zähe Verquatschtheit, fehlende Spannung und eine Überfüllung aus Figuren, teilen sich mittlerweile doch weitaus mehr als dreißig handelnde Charaktere die Geschichte, die an den verschiedenen Standpunkten immer wieder zerfasert und den roten Faden aus den Augen verliert. 
Natürlich gibt es zwischendrin noch immer Highlight-Episoden, im Gegensatz zu früher kann man diese aber nun locker an einer Hand abzählen. Richtig mutig geht man hier nicht mehr vor und zieht eine Vorbereitung, die erst in Staffel 8 wirkliche Früchte tragen dürfte, dabei viel zu sehr in die Länge. Das ist inszenatorisch dafür aber immer noch gut gemacht, von den meisten Darstellern sehr gut getragen (neben Andrew Lincoln und "Watchmen"-Star Jeffrey Dean Morgan fallen besonders Melissa McBride als Carol und Lennie James als Morgan positiv auf, während andere wie Alanna Masterson doch etwas überfordert wirken) und sorgt weiterhin für einige Überraschungen und sehr viel Neuland. Für sich stehend ist diese Staffel jedoch nur ein aus sechzehn Folgen bestehendes Zwischenstück, ohne Entladung und mit viel Füllmaterial. Die achte Staffel dürfte dies im Handumdrehen besser machen, dennoch dürfte diese Season ein kleiner Fleck auf der bislang weitestgehend weißen Weste dieser Horrorserie bleiben... auch wenn man hier noch immer auf sehr hohem Niveau meckert.

Fazit: Nach einem schockierenden Auftakt büßt die siebte Staffel an Schwung ein, zieht einzelne Plots über ganze Folgen und sorgt durch etliche Charaktere und Handlungsorte dafür, dass sich die Geschichte zieht und zwischendurch zerfasert. Highlights gibt es noch immer, doch muss man für diese nun mehr Geduld aufbringen.

Note: 3




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