Direkt zum Hauptbereich

Küss den Frosch

Der klassische Zeichentrickfilm schien zu Beginn des neuen Jahrtausends so gut wie ausgestorben zu sein. Pixar hatte die Führung unter den Familienfilmen mit seinen animierten und von Kritikern schlichtweg verehrten Werken übernommen, während die letzten Zeichentrickfilme aus dem Hause Disney, unter anderem "Atlantis" und "Die Kühe sind los", nur noch bescheidene Erfolge verzeichneten. Die Mausstudios sattelten schließlich auch ins Animationsgenre um und brachten mit "Rapunzel" und "Die Eiskönigin" die Kinokassen zum Klingeln... zuvor wagten sie jedoch noch einmal einen Abstecher ins Zeichentrickgenre und legten daher ein klassisches Märchen neu auf, um das heutige Publikum mit modernen Kniffen zu erreichen.

KÜSS DEN FROSCH


Die junge Tiana wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich ihr eigenes Restaurant in New Orleans zu eröffnen, dafür fehlt es ihr jedoch an dem nötigen Geld. Währenddessen kommt der mittlerweile Pleite gegangene, aber dennoch recht lebensfreudige Prinz Naveen in New Orleans an und lässt sich dabei auf einen Handel mit dem finsteren Schattenmann ein. Das versprochene Geld erhält Naveen nicht, stattdessen verwandelt er sich in einen Frosch und kann nur durch den Kuss einer Prinzessin wieder von dem Fluch befreit werden. Durch ein Missverständnis fordert Naveen von Tiana einen Kuss ein, was auch sie in einen grünen Vierbeiner verwandelt. Gemeinsam versucht das ungleiche Paar nun, den Fluch zu brechen... und kommt sich dabei ungewollt näher.

Pixar und Disney hatten sich endgültig vereint, was bis heute ein Zeichen dafür ist, warum manch ein Pixarfilm heute wieder etwas "disneyfizierter" wirkt... und andersherum. Das klingt nun negativ, so soll es aber nicht gemeint sein, denn in den besten Fällen sehen Fans tatsächlich auch das beste aus beiden Welten, wie 2009 bei "Küss den Frosch". Disney ging damit das Wagnis ein, endlich wieder einen klassischen Zeichentrickfilm zu produzieren und konnte damit tatsächlich wieder einen Erfolg verbuchen, nachdem die letzten Werke des Genres an den Kinokassen finanziell doch recht deutlich baden gingen. Letztendlich setzt sich Qualität aber eben doch durch und dies konnte man diesem Film nur wünschen, versprüht er nämlich tatsächlich eben jene Disney-Magie, die viele von uns in ihrer Kindheit erleben durften.
Dies beginnt bei den wunderbaren Zeichnungen, die tolle Bilder erschaffen, setzt sich über die schmissigen, diesmal sehr jazzigen Musical-Nummern fort und findet ihren Höhepunkt in einer charmanten Geschichte, die sich natürlich wieder einmal ein klassisches Märchen als Vorbild genommen hat. Die Handlung des Froschkönigs bietet hier jedoch nur den Aufzieher einer vollends originellen Geschichte, welche unsere beiden Hauptfiguren Tiana (eine der modernsten und toughsten Disney-Prinzessinnen der Neuzeit) und Naveen in ein turbulentes Abenteuer wirft. Diese Nummernrevue, die nach gut einer halben Stunde Einzug erhält, bildet jedoch den schwächsten Teil, denn nach einem wunderbaren Einstieg voller Witz, Charme und Gefühl möchte das im Fokus stehende Abenteuer nicht so ganz zünden. Die wirkliche Erzählung muss ein wenig zurückfahren, um Tiana, Naveen und ihre beiden Sidekicks Louis (ein musizierendes, aber auch recht hyperkatives Krokodil, welches leider ein gewisses Nervpotenzial birgt) und Ray (ein träumendes Glühwürmchen, welches für die emotionalsten Szenen des Films sorgt) von einer Gefahr in die nächste zu schicken. An und für sich sind die Flucht vor einer Herde gefräßiger Tiere und der Kampf gegen drei tumbe Froschjäger zwar witzig, dennoch verliert die zuvor so grandios begonnene Geschichte hier ein wenig an Substanz, übertreibt es mit dem lauten Slapstick und bringt so auch ein paar Längen hervor.
Clever war es dennoch, hier den Humor in den Fokus zu rücken und somit vor einigen arg düsteren Elementen abzulenken - jüngere Zuschauer dürften sich angesichts der Voodoo-Magie des Antagonisten Dr. Facilier sicherlich mehr als einmal gehörig gruseln. Pünktlich zum Finale nimmt "Küss den Frosch" dann mit einigen emotionalen Wendungen und Enthüllungen noch einmal deutlich an Fahrt auf und entschädigt mit einem schlichtweg magischen Finale für die zuvor begangenen Fehler. Hier spricht die Disney-Magie wieder einmal klare Worte, verzichtet auf zu groben Kitsch und charakterisiert auch seine starke, weibliche Hauptfigur, die diesmal nicht einzig und allein von der Liebe eines Prinzen abhängig ist, auf beachtliche Weise.
Fazit: Wunderbarer Disney-Film mit charmanten Charakteren, viel Herz und einigen nicht zu unterschützenden, düsteren Elementen. Der überzogene Slapstick ist sicher nicht jedermanns Sache, dafür bekommen wir jedoch schmissige Songs und ein grandioses Finale geboten.

Note: 2-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid