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Project X (2012)

Zu Beginn fand sich das Stilmittel des Found Footage - wobei die gesamte Handlung aus Sicht einer real filmenden Handkamera wiedergegeben und dem Zuschauer somit vorgegaukelt wird, dass es sich um echtes, unbearbeitetes Material handelt - weitestgehend im Horror-Genre wieder. Nachdem man mit "Blair Witch Project" und besonders der "Paranormal Activity"-Reihe jedoch so viel Schotter verdient hatte, war es auch Zeit, diesen Stil mal in anderen Genres auszuprobieren. 2012 wurden wir somit nicht nur Zeuge eines Superheldenfilms in diesem Stil, sondern auch der Teenager-Komödie... und diese rockte tatsächlich so richtig!

PROJECT X


Highschool-Schüler Thomas (Thomas Mann) möchte seinen siebzehnten Geburtstag in kleinem Kreis feiern, während seine Eltern anlässlich ihres Hochzeitstages für ein Wochenende verreisen. Thomas' bester Freund Costa (Oliver Cooper) jedoch sieht in dieser Party die Chance, die beiden und deren Kumpel JB (Jonathan Daniel Brown) endlich "cool" werden zu lassen und auch bei den heißen Mädels der Schule zu landen. Sie wollen keine Loser mehr sein und die Party soll helfen, die drei endlich unvergesslich zu machen. Daher lässt Costa die Party-Einladungen wild durchs Netz schicken, was zu einem Auflauf von mehreren hundert Menschen führt... und die Feier vollkommen außer Kontrolle geraten lässt.

Natürlich ist von einem solchen Film keien großartige Handlung zu erwarten. Die Charaktere sind Abziehbilder und Klischees und werden in den seltensten Filmen darüber hinaus charakterisiert. Hauptfigur Thomas ist der schüchterne Nerd und seine Geschichte mit seiner heimlichen Jugendliebe Kirby ist der einzige Plot, der hier ein wenig in die Tiefe geht. Costa ist der möchtegern-coole Idiot, der einfach nur feiern möchte... und dabei weniger darauf achtet, ob er anderen in diesem Moment einen fiesen Spruch drückt. Diese Sprüche gehen meistens auf Kosten des übergewichtigen JB, dem dritten Teil des Trios, der hier auch nicht wirklich näher beleuchtet wird. Nach einem netten Intro, während welchem wir die drei Hauptfiguren inklusive Kameramann Dax, der die ganze Party filmisch dokumentieren soll, und auch manch einen Nebencharakter kennenlernen, geht es dann auch schon los... und sobald die Party läuft, gibt es im Grunde kein Halten mehr. 
Irgendeine Art der Geschichtenerzählung weicht der totalen Eskalation, wenn bald über tausend Feierwütige in Thomas' Straße eintreffen und gar beginnen, das Haus zu verwüsten. Hier beweisen die Macher ein sehr treffsicheres Gefühl für die dringend benötigte Bildsprache, wenn die Party sich fortsetzt. Während zu Beginn noch grelle, blaue Farben im Spiel sind und die Feier weitestgehend spaßig abläuft, so verschiebt sich dieser Blickwinkel gegen Ende. Die Farben werden matter, die Gesichter der Darsteller bleicher und letzten Endes gerät einfach alles außer Kontrolle. Untermalt mit einem grandiosen Soundtrack und umschlossen von mehreren wirklich witzigen Einzelszenen sowie stimmigen Compilations der einzelnen Feiernden und der ganzen Party an sich entsteht ein kleiner Sog und die Macher schaffen es, das Gefühl einer gigantischen Sause wirklich gut einzufangen. Das hat nichts mit großartigem Geschichtenerzählen zu tun, es hat weder Tiefe noch einen wirklichen moralischen Sinn, aber es macht einfach eine Mordslaune... und manchmal braucht man in einem Film eben auch genau das. 
Natürlich stellen sich einige seltsame Fragen bezüglich der dauernd laufenden Kamera und das die später im Film weitestgehend nackt auftretenden Frauen auch gar nichts dagegen haben, hier abgelichtet zu werden, stößt doch ein wenig komisch auf. Darüber hinaus sollte man sich aber nicht den Kopf über solcherlei Kleinigkeiten zerbrechen und einfach nur dem Sturm folgen, der hier ansteht. Autos werden in Pools versenkt, es wird in die Einfahrt gekotzt, es gibt Sex im Garten und sogar einen fliegenden Hund. Das ist alles ebenso dämlich wie extrem, aber dank der weitestgehend sympathischen und recht glaubwürdigen, wenn auch teils arg überzeichneten Figuren passt das alles doch sehr gut zusammen... und dass eine solche Party eben nicht glamourös abläuft, ist hier ebenso realistisch wie konsequent. Erst während eines doch arg überzogenen Action-Showdowns drückt man hier zu sehr aufs Gaspedal und lässt sich doch ein wenig zu stark in Trash-Gefilde fallen, zuvor hat man aber immerhin so viel Spaß gehabt, dass diese Unzulänglichkeiten auch nicht mehr wirklich stören. 
Ebenfalls war es clever, hier auf unbekannte Schauspieler zu setzen, sodass man tatsächlich den Eindruck einer feiernden Meute hat und nicht den eines starbesetzten Filmes. Hauptdarsteller Thomas Mann stieg erst durch dieses Werk nach und nach zum bekannteren Mimen auf und erhielt später Rollen in Filmen wie "Ich und Earl und das Mädchen" und "Kong: Skull Island". Neben ihm erkennt man einzig und allein "Pirates of the Caribbean"-Star Martin Klebba sowie den genialen Miles Teller wieder, die hier ebenfalls richtig die Sau rauslassen, innerhalb des ansonsten unbekannten Ensembles aber auch gut reinpassen und niemals die Illusion einer echten Party zerstören.
Fazit: Die größte Party aller Zeiten! "Project X" ist laut, sehr gut gefilmt und atmosphärisch. Nicht jeder wird den extremen Humor mögen oder sich mit den flachen Charakteren anfreunden können, dennoch haben die Macher es geschafft, hier tatsächlich das echte Gefühl einer der grandiosesten Partys aller Zeiten auf Film zu bannen... und das macht einfach einen Mordsspaß!

Note: 2-




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