Direkt zum Hauptbereich

Alice im Wunderland (1951)

Wenn man den bis heute haltenden Gerüchten Glauben schenkt, so soll Lewis Carroll, der Erfinder rund um die Geschichten um Alice und das Wunderland, tatsächlich manch eine Droge eingenommen haben, während er mit der Arbeit an seinen Werken beschäftigt war. Wenn man sich nun den von Walt Disney entstandenen Zeichentrickfilm anschaut, der auf der Vorlage Carrolls beruhte (wenn auch reichlich frei, was die handlenden Figuren angeht), kommt man kaum umhin, dies auch zu glauben: Disneys Wunderland-Version ist eine vollkommen durchgedrehte Nummernrevue, der eine schlüssige Handlung indes komplett abgeht.

ALICE IM WUNDERLAND


Die junge Alice läuft eines Tages von zuhause fort, da sie ein merkwürdiges weißes Kaninchen mit einer Taschenuhr entdeckt, welches es eilig zu haben scheint. Alice folgt dem Kaninchen und findet sich schließlich im Wunderland wieder. Dort trifft sie auf allerlei seltsame Gestalten, während sie das eilige Tier weiter verfolgt. Schon bald fühlt sie sich jedoch unwohl und möchte nach Hause zurückkehren... doch sie findet den Weg nicht mehr und muss sich mit den Bewohnern des Wunderlandes auseinandersetzen, um diesem seltsamen Ort zu entkommen.

"Alice im Wunderland" war 1951 der erste Film der Disney-Studios, der haltlos floppte und dem auch Disney persönlich letztendlich nichts mehr abgewinnen konnte, zeigte er sich mit dem Endgergebnis doch alles andere als zufrieden. Auch wenn der Film es heute tatsächlich zu einem der beliebtesten Klassiker der Mausstudios brachte und eine große Fangemeinde um sich scharen konnte, so kann man den finanziellen Flop in den 50ern und auch Disneys Wut über den Film an sich tatsächlich nachvollziehen, führt man sich das Werk heute noch einmal zu Gemüte... denn die Kids-Version von Lewis Carrolls Wunderland-Abenteuern gehört sicherlich zu den schwächsten Disney-Filmen dieser Zeit. 
Während "Peter Pan" zwei Jahre später auch Probleme hatte, eine wirklich packende Handlung über seine vielen gelungenen Einzelszenen zu stülpen, so bietet "Alice im Wunderland" nun eigentlich gar keine Story mehr, die all dies erfrischend zusammenhält. Alice verfolgt das weiße Kaninchen und stößt dabei immer wieder auf seltsame Einwohner des Wunderlandes, mit denen sie ein Abenteuer, eine Herausforderung oder einfach eine erzählte Geschichte erlebt. Die Ideenvielfalt der Macher scheint hier tatsächlich keine Grenzen zu kennen und es ist schon erstaunlich, was sich Disney und Co. hier aus den Fingern saugten, um die einzelnen Szenen immer noch ein Stückchen größer und verrückter zu machen. 
Nur leider beginnt die ganze Sause über singende Walrosse und eine stetig ihre Körpergröße verändernde Alice schon früh anzustrengen und auch zu langweilen, da eben kein Storygerüst da ist, welches all diese durchgeknallten und rasanten Einzelszenen irgendwie bändigt und zusammenhält. Da können all diese Sequenzen noch so zeichnerisch interessant und detailreich witzig sein, irgendwann hat man von all dem eben doch genug und wartet nur noch auf den Abspann... der dank der recht kurzen 75 Minuten dann doch glücklicherweise früh genug kommt. Immerhin warten in der zweiten, durchaus stärkeren Hälfte noch zwei Szenen, die es bis heute zum Kult brachten, bei Fans sehr beliebt sind und dementsprechend auch im Real-Remake aus dem Jahr 2010 mit Johnny Depp und Mia Wasikowska zum Hauptthema brachten: Während des Nicht-Geburtstages und einer durchgeknallten Teerunde mit dem Märzhasen und dem Verrückten Hutmacher schießen die Macher humortechnisch aus allen Rohren und auch das Finale, in welchem sich Alice mit der bösen Herzkönigin anlegt, wimmelt nur so von genialen Running Gags und netten Ideen. 
Das macht dann tatsächlich bis zum urplötzlichen Ende, welches altbekannt und dennoch immer wieder enttäuschend ist, wieder Spaß. Und letztendlich ist der ganze Film dann eben doch ein verrückter Trip, der keinerlei Sinn ergibt und auch nicht ergeben soll, während welchem sich die Macher mit allen durchgeknallten Ideen austoben und gegenseitig überbieten konnten. Ein guter Disney-Film ist das nicht, ein guter Film an sich natürlich auch nicht. Kult ist es dennoch. Irgendwie.
Fazit: Sehr bunter und rasanter Film ohne sinnige Geschichte, der einige kultige Szenen in sich vereint. Darüber hinaus strengt die atemlose Hetze dieses haltlosen Trips aber schon früh an und führt so zu einem der schwächsten Disney-Filme dieser Zeit.

Note: 4+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid