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Shut In

An sich braucht jeder Film erst einmal eine gute Grundidee um zu funktionieren. Ganz gleich, in welchem Genre, ob im Biopic oder im Horrorbereich, hat man eine interessante Ausgangssituation, kann man einiges daraus machen. Das wussten die Macher von "Shut In" offenbar nur zur Hälfte, denn nachdem sie sich tatsächlich eine recht spannende Situation erschaffen hatten, die man so im Horrorbereich auch noch nicht gesehen hat, verbauen sie sich diese recht flott wieder, indem sie ihr Drehbuch unkontrolliert entgleisen lassen...

SHUT IN


Vor sechs Monaten verlor die Psychologin Mary Portman (Naomi Watts) ihren Ehemann bei einem Autounfall, während dessen Sohn Stephen (Charlie Heaton) dabei geistig und körperlich beeinträchtigt zurückblieb. Seitdem kümmert sich Mary um den Jugendlichen, was ihr schon bald jedoch auf die Psyche schlägt. Auch ihr Therapeut Dr. Wilson (Oliver Platt) macht sich Sorgen, bis der schwerhörige Junge Tom (Jacob Tremblay) in Marys Leben tritt. Er kommt als Patient zu ihr, doch schließlich kümmert sie sich, nachdem er weggelaufen und bei ihr Zuflucht gesucht hat, mehr um ihn als um Stephen. Doch dann beginnen seltsame Dinge zu geschehen und Mary vermutet, dass dies eventuell etwas mit Tom zu tun haben könnte...

Dass "Shut In" einmal auf der berüchtigten Black List stand (eine Liste der besten, noch unverfilmten Drehbücher Hollywoods), lässt sich kaum mehr nachvollziehen, wenn man einmal das desaströse Endergebnis gesehen hat, welches Regisseur Farren Blackburn daraus gemacht hat und 2016 in die Kinos brachte. An diesem Werk stimmt leider so gut wie gar nichts, wenn man einmal davon ausgeht, dass die bereits erwähnte Ausgangssituation an sich gar nicht so schlecht ist... wenn auch alles andere als originell. 
In der Zeit, in welcher der Zuschauer noch nicht wirklich weiß, was hier eigentlich gespielt wird, plätschert "Shut In" allerdings auch recht ereignislos vor sich hin, während er seine Figuren porträtiert und Naomi Watts ab und zu mal durch dunkle Räume oder Gärten irrt, um einem seltsamen Geräusch nachzugehen. Wirklich viel passieren tut hier nicht, sodass man sich trotz der kurzen Laufzeit von anderthalb Stunden doch mit einigen Längen konfrontiert sieht, die daher rühren, dass die Figuren trotz der psychisch belastenden Situation, in der sie sich hier befinden, konturlos und blass bleiben. Die wenigen Momente, in denen versucht wird, den Zuschauer irgendwie zu gruseln, geraten dann auch zum reinen Klischee und wenn der einzig funktionierende Schockeffekt schließlich doch nur von einem Waschbären ausgeht, der gerade aus einem Gebüsch hüpft (natürlich begleitend von einem Ansteigen der Tonlautstärke), dann weiß man schon, dass da eigentlich nicht mehr viel kommen kann. 
Aber nein, sie schaffen es sogar, den Film noch schwächer zu machen, was ab einem Punkt knapp nach der Halbzeit geschieht, wenn das Geheimnis rund um die seltsamen Vorkommnisse doch überraschend früh gelüftet wird. Diese Wendung ist dabei aber so dämlich und zum Haareraufen unlogisch, dass es eher unfreiwillig komisch denn spannend ist und man angesichts der nachfolgenden vierzig Minuten doch mehr als einmal verwirrt den Kopf schüttelt. Das ergibt nicht nur auf logischer Ebene keinerlei Sinn, es ist eben auch nicht aufregend, da man sich die komplette, zuvor auch bereits nicht aufregende Geschichte hier mit einem schwachsinnigen "So ist das also gewesen" komplett verbaut. Das nachfolgende Finale zieht sich zäh durch bereits bekannte Momente der Horrorgeschichte und über das Verstecken in Schränken, ein plötzliches Geräusch und natürlich einer Verfolgungsjagd ist alles dabei, was funktionieren kann, wenn man es denn nur richtig macht. Dank des ungemein schlechten Drehbuchs interessiert einen das Ganze aber dann doch nur, weil man darauf wartet, ob es noch dümmer werden kann. Und tatsächlich übertreffen sich die Macher innerhalb des halbstündigen Showdowns immer wieder aufs Neue, wenn Figuren dümmer handeln, als es die Polizei erlaubt und sich manch ein Figurentod bereits etliche Szenen zuvor ankündigt. 
Es gibt letztendlich nur zwei Beteiligte, denen man hier keinerlei Vorwurf machen kann und das sind zum einen Kameramann Yves Belanger, der bereits "Dallas Buyers Club" auf Film bannte und auch hier einige schöne Bilder erschafft, sowie "Raum"-Neuentdeckung Jacob Tremblay, der hier erneut beweist, mit wie viel Ausstrahlung und Talent er gesegnet ist... selbst ohne Textzeilen weist er hier eine hohe emotionale Dichte auf. Dabei steckt er auch eine solide, aber vollkommen unterforderte Naomi Watts in die Tasche, die hier auch nicht mehr tun kann, als Dienst nach Vorschrift zu leisten. 
Fazit: Erschreckend dämlicher Thriller nach bekanntem Strickmuster, der erst zäh und klischeehaft daherkommt und später mit einer vollkommen albernen Wendung vergrault. Sicherlich einer der schlechtesten Horrorfilme der letzten Jahre, die den Weg ins Kino gefunden haben.

Note: 5




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