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Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"...

DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL


Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Füßen steht. In den nächsten Stunden ist bei den übrigen Mitarbeitern und den hohen Tieren die Hölle los.

Nein, wer mit der Situation der Finanzmärkte oder generell dem Beginn der extremen Krise aus dem Jahr 2007 nicht so richtig vertraut ist, der könnte seine Schwierigkeiten haben, bei "Margin Call" so wirklich Fuß zu fassen. Wer jedoch aufmerksam jedem einzelnen der vielen Worte lauscht, sich nicht ablenken lässt und am Ball bleibt, der bekommt einen gut inszenierten und auch recht spannenden Finanz-Thriller geboten, der sich sowohl für den großen Crash als auch für die Menschen interessiert, die an diesem beteiligt waren und/oder von ihm niedergewalzt wurden. Dabei bleibt "Margin Call" aber auch, passend zu seinem Thema, durchgehend kühl, emotionale Beteiligung wird hier kaum erwünscht und wenn wir dann mal tiefer in einen Charakter hineinsehen können, so bleibt auch dies bloße Fassade. Das ist auf Dauer dann doch ein wenig schwach und verursacht zumindest kleine Längen. Das Tempo bleibt während des ganzen Filmes relativ solide, aber es gibt keine richtigen Höhepunkte. Dies liegt zum einen natürlich an der Thematik, welcher sich Regisseur J. C. Chandor mit löblichem Realismus hingibt, aber auch am dialoglastigen Skript, welches die schnöden Büroräume selten verlässt. Das ist natürlich durchaus richtig so, auf Dauer ist es aber auch ein wenig fad. Die überraschend starke und mit vielen großen Namen besetzte Darstellerriege hilft über solche Schwächen aber zum Glück hinweg, alle bekommen zwischendurch mal ihre großen Momente, außer Demi Moore, die eher wie mitgeschleift wirkt. Ansonsten brilliert ein fabelhafter Kevin Spacey in gewohnter Manier, Jeremy Irons überzeugt mit starker Präsenz und einigen der besten Dialogzeilen des Genres und Zachary Quinto versteht es, mit der meisten Screentime den Film zu tragen, wobei ihm ein starker Paul Bettany tüchtig unter die Arme greift. Auch ein Stanley Tucci kann seine wenigen Szenen beherrschen, aber all dies ist natürlich keine Überraschung, denn wie Filmfans wissen, sind all diese Stars (u.a. sind auch noch Simon Baker und Mary McDonnell mit dabei) mit so viel Talent gesegnet, dass sie auch ein mieses Skript noch retten könnten. Und mies ist dieses Skript hier sicher nicht, es ist bisweilen gar fesselnd und gerade die Dialoge sind top. Insgesamt rettet es "Margin Call" aber nicht über die Ziellinie, da es sich seinen recht vielen Charakteren dann doch nur zu oberflächlich nähert und mit fortschreitender Laufzeit stagniert und schließlich zu einem harten, wenn auch vorhersehbaren Schluss führt. Auf diesem Weg bleiben aber leider viele der Tiefen, welche die Charaktere ausmachen sollen, bloße Behauptung, weshalb wir nicht so wirklich mitfiebern wollen. Fazit: Sauber inszeniert und von dem Star-Cast bravourös gespielt. Man nähert sich dem trockenen Thema realistisch und richtig an, kann aber nicht auf Dauer Spannung erzeugen und lässt Tiefen dabei immer wieder liegen, was schade ist und auf Dauer ermüdend wirkt.

Note: 3-

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