Direkt zum Hauptbereich

Sicario

Regisseur Dennis Villeneuve scheint so etwas wie die neue Thriller-Hoffnung der Filmwelt zu sein. Der Kanadier lieferte mit "Enemy" und "Prisoners" 2013 zwei Werke ab, die von Kritikern schlichtweg geliebt wurden. Mir persönlich gefiel dabei nur letzterer, dafür aber auch außerordentlich, während "Enemy" sicherlich alles andere als schlecht war, sich gegen Ende aber immer mehr in wirre Wendungen hineinstießen ließ. Meine Erwartungen an Villeneuves neuesten Streich, "Sicario", waren dennoch nicht niedrig... und sie wurden schwer enttäuscht.

SICARIO


FBI-SWAT-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) entdeckt mit ihrem Team während eines Routine-Einsatzes auf dem Grenzstreifen zwischen Arizona und Mexiko, wo der Drogenkrieg regiert, mehrere Leichen und verliert dabei noch zwei Kollegen. Als der Regierungsbeauftragte Matt Graver (Josh Brolin) die erfahrene Kate hinzuziehen will, um mit einer neuen Spezialeinheit in die kriminellen Aktivitäten einzugreifen, fackelt diese nicht lange und sagt zu. Dabei gerät sie jedoch in ein Komplott aus Verrat und falschen Spielen, worin auch Matts Kollege Alejandro Gillick (Benicio Del Toro) verwickelt zu sein scheint...

"Sicario" wurde ja nicht von wenigen als Ausnahme-Thriller des Jahres 2015 berufen und die teils herausragenden Kritiken ließen meine Erwartungen schnell in die Höhe schnellen. Und im Grunde hat der Film auch einiges auf der Haben-Seite, als da wären: Die fantastische, zurecht oscarnominierte Kameraarbeit von Roger Deakins (der hier aber sicherlich "The Revenant" unterliegen wird), eine starke Besetzung und ein spannendes, hartes Finale, welches sicherlich für ein ungutes Gefühl bei so manchem Zuschauer sorgen wird. Leider dauert es aber eine gefühlte Ewigkeit, bis der Film dort mal ankommt und somit auch das Tempo anzieht. Die vorhergehenden anderthalb Stunden entpuppen sich nämlich als äußerst zähe Angelegenheit, in welchen in allen möglichen Belangen sämtliche Figuren, ihre Antriebe und ihre Ziele immer und immer wieder erschöpfend durchgekaut werden. Keine Frage, dass macht die komplizierte Geschichte ein wenig einfacher verständlich, dennoch wäre es nicht nötig gewesen, so langatmig immer wieder sämtliche Hintergründe so ausführlich zu bequatschen, besonders da die Story im Gern nun auch nicht allzu besonders daherkommt. Die überraschenden Wendungen gegen Ende sind im Grunde keine, da man so etwas in der Art schon lange vorher kommen sieht und der Weg dorthin ist wie gesagt ein sehr umständlicher und langwieriger. Dass "Sicario" sich dabei auch noch extrem kalt gibt und wir erstaunlich wenig über die handelnden Figuren erfahren, ist ebenfalls ein Armutszeugnis, da die zwei Stunden Laufzeit somit für weitaus interessantere Handlungen hätten genutzt werden können, als immer wieder sämtliche Operationen durchzukauen oder Emily Blunts Kate Macer gefühlt hundert Mal an der Ehrlichkeit ihrer Auftraggeber zweifeln zu lassen, ohne dass diese mal großartig etwas dagegen unternehmen möchte. Nicht absprechen kann man "Sicario" hingegen eine recht starke Atmosphäre, welche die stellenweise sehr brutalen Bilder nicht verharmlost und in etwa ein Gefühl dafür darstellen kann, wie gefährlich man inmitten eines Drogenkrieges lebt und wie ekelhaft und abwertend mit menschlichen Leben umgegangen wird. Allerdings haben dies nicht wenige Filme zuvor mindestens ebenso beeindruckend und schockierend geschafft, weswegen "Sicario" dabei auch nicht unbedingt eine Ausnahme darstellt. Die einzige Ausnahme ist lediglich Benicio Del Toro, welcher in seiner Rolle eine erstaunlich fiese Aura an den Tag legt, während Emily Blunt zwar gut, aber auch äußerst passiv agieren muss. Josh Brolin, "Titanic"-Star Victor Garber und besonders der aus "The Walking Dead" bekannte Jon Bernthal bleiben hier unter ihren Möglichkeiten. Fazit: Äußerst zäher, kühler Thriller, der seine beeindruckenden und harten Bilder niemals mit seiner langatmigen und konstruierten Geschichte in Verbindung bringen kann. Schade, atmosphärisch kann der Film nämlich einiges bieten.

Note: 4-


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid