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Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders

Viele Bücher galten seit jeher als unverfilmbar, doch seit Peter Jackson mit seiner enormen "Der Herr der Ringe"-Trilogie bewiesen hatte, dass das Kino auch solche Grenzen zu sprengen vermag, wird das Wort "unverfilmbar" im Grunde nur noch sehr selten genutzt. So konnte man sich eine Verfilmung von Patrick Süskinds Roman "Das Parfum" sicherlich auch nur sehr schwer vorstellen. Wie sollte denn bitte ein Roman, der sich auf detailliert-eindringliche Weise der Welt des Geruchs und des daraus entstehenden Gefühls hingibt, bebildert werden? Doch ähnlich wie Peter Jackson zeigt Regisseur Tom Tykwer hier tatsächlich, dass so etwas wirklich geht...

DAS PARFUM


Schon bei seiner Geburt besitzt Jean-Baptiste Grenouille (Ben Whishaw) eine außergewöhnliche Gabe: Sein Geruchssinn ist ungewöhnlich geschärft, er riecht und nimmt jede Note eines Geruchs wahr. Nach seiner Jugend geht er deshalb bei dem erfolglosen Parfümier Giuseppe Baldini (Dustin Hoffman) in die Lehre... und verhilft dem alten Mann durch seine Künste zu einem neuen Hoch, als er die wohl begehrtesten Düfte von Frankreich erstellt. Doch Grenouille hat noch nicht genug und macht sich auf nach Grasse, um das beste Parfüm aller Zeiten zusammenzustellen. Seine Genialität macht ihn dabei jedoch zum Mörder...

Gleich vorab: Ich habe die Romanvorlage von Patrick Süskind nie gelesen, hörte aber von vielen Seiten, dass diese sehr gut sein soll. Von ebenso vielen Seiten hörte ich, dass die Verfilmung von Tom Tykwer ebenfalls gut ist, jedoch die Essenz des Romans nicht einfangen kann. Einen solchen Vergleich kann ich nun natürlich nicht stellen und nur den Film an sich bewerten... der mir wirklich gut gefallen hat. Die größten Zweifel kann Tykwer dabei sehr schnell ausräumen: Durch starke Bilder gelingt es ihm, die Welt der Dürfte und Gerüche greifbar zu machen, durch eine außergewöhnliche Komposition von Musik und Bild, die sicherlich nicht jedermanns Sache sein dürfte, aber für diese Geschichte einfach funktioniert. Tykwer schafft es, dass wir die verschiedenen Gerüche (ob auf dem stinkenden Fischmarkt, in Baldinis Parfümerie oder in den Gassen von Grasse) quasi selbst wahrnehmen, was so sicherlich nicht zu erwarten war. Ein glückliches Händchen hatte Tykwer auch beim Casting, als er einige namhafte Darsteller um sich versammeln konnte. Einen ganz besonders starken Eindruck hinterlässt dabei Dustin Hoffman als schrulliger Parfümier Baldini, der genau den Schuss sympathischen Humor einbringt, welchen die ansonsten sehr düstere, deprimierende und teils verstörende Story braucht, um uns nicht über die ganze Zeit mit Finsternis zu bewerfen. Ebenso überzeugend ist die Riege an vielen deutschen Schauspielern in Kurzauftritten (u.a. Karoline Herfurth, Corinna Harfouch und Jessica Schwarz) sowie die Besetzung von "Harry Potter"-Star Alan Rickman, der hier ungewohnt verletzlich agiert. Ben Whishaw dürfte heute vielen als "Q" aus den neuen James-Bond-Filmen bekannt sein, damals war er als Hauptdarsteller jedoch noch ein weitestgehend unbeschriebenes Blatt. Seine Performance ist auch die einzige, die ein wenig unausgewogen daherkommt, was weniger an Whishaws Talent als an der Figur selbst liegt, die hier verharmlost und mit wenig Gefühl ausgestattet wird... so wenig Gefühl, dass Erzähler Otto Sander gerade in der ersten Hälfte immer wieder die Emotionen von Jean-Baptiste aussprechen muss, da dieser selbst es nicht tut und Whishaw dies mit einem recht einseitigen und viel zu undiabolischen Spiel auch nicht schafft. Etwas störend fallen auch die Längen in der zweiten Hälfte des 145 Minuten langen Filmes auf, wenn "Das Parfum" über eine ganze Weile festsitzt und sich nur mit Mühe zu einem grandios fotografierten, in seiner Form aber sicher diskutierbaren "Finale" retten kann. Das sind insgesamt zwar ein paar herbe Kritikpunkte, diese verhindern jedoch nicht, dass "Das Parfum" ein beachtenswerter Film geworden ist. Ein Film, der sich nicht auf seinen optischen Möglichkeiten ausruht, sondern anstattdessen lieber eine interessante, wenn auch an Spannung arme Geschichte erzählt und bildtechnisch die Essenz herausarbeiten kann, dank einer guten Besetzung und dem richtigen Gefühl für die Bildsprache. Sicherlich wäre mehr drin gewesen, hätte man den Charakter des Jean-Baptiste eben näher als das beleuchtet, was er war: Ein kaltblütiger, manipulativer Mörder. Dass der hier stellenweise als Sympathiefigur funktionieren soll, ist die falsche Herangehensweise. Dennoch ein beeindruckender, packender Film, der noch lange nachwirken wird.

Note: 2-


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