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Every Thing Will Be Fine

"Alles wird gut". Eine der ältesten "Weisheiten" des Lebens und sicherlich auch der Filmgeschichte. In so gut wie jedem bekannten Film machen sich die Charaktere Mut, dass das Debakel, in welchem sie sich befinden, sich noch zu einem Guten wenden wird und genau darum geht es auch in Wim Wenders "Every Thing Will Be Fine", in welchem die Figuren einen riesigen Haufen Mist, der sich über mehrere Jahre in ihrem Leben angesammelt hat, durchstehen müssen. Erzählerisch das ein ums andere Mal zu behäbig, gelingt Wenders dabei dennoch ein recht eindrucksvolles Porträt eines Lebens...

EVERY THING WILL BE FINE


Das Leben des Schriftstellers Tomas (James Franco) ändert sich um hundertachtzig Grad, als er eines Tages in seiner verschneiten Heimat ein Kind überfährt. Von dem Schock aus der Bahn geworfen geht Tomas' Beziehung zu seiner Freundin Sara (Rachel McAdams) langsam in die Brüche. Monate vergehen und Tomas versucht, das schreckliche Erlebnis in einem neuen Buch zu verarbeiten. Unterdessen muss auch Kate (Charlotte Gainsbourg), die Mutter des verstorbenen Jungen, mit dem Schock fertig werden... bis sich ihr Weg und der von Tomas auf einmal überraschenderweise wieder kreuzen.

"Alles wird gut" ist so ein Spruch, den man in den Momenten größter Trauer und Bedrücktheit eigentlich ungern von seinen Freunden und Familienmitgliedern hört, dennoch, auch wenn im wahren Leben nicht immer Wahrheit mitschwingen darf, eine schöne Aussage. Immerhin sind wir selbst diejenigen, die das Glück in der Hand halten. Wir entscheiden, ob wir uns von den Schicksalsschlägen, welche uns das Leben in den Weg wirft, umwerfen lassen, oder ob wir wieder aufstehen und weitergehen. Das ist eine der Kernaussagen in "Every Thing Will Be Fine", dem neuesten Film von Oscarpreisträger Wim Wenders. Wenders ist ja ohnehin bekannt für unkonventionelle, auch mal recht harte Stoffe und auch dieses Werk rieht sich da perfekt ein. Wenders hat ein gutes Gespür für Bilder, auch wenn er sich dramatischen Emotionen verschließt, kommen die Gefühle dem Publikum nahe (was natürlich auch den starken Darstellern zu verdanken ist, besonders James Franco leistet hier mal wieder ganz Großes). Und gefühlt wird hier jede Menge, denn was die Charaktere im Verlauf des Films, welcher die Geschichte seiner Handlungsträger gleich über mehrere Jahre verfolgt, durchmachen müssen, das ist schon harter Tobak. Und so intensiv, wenn auch langsam und stellenweise langatmig, dies auch erzählt ist, so sehr verhaspelt sich Wenders teilweise in den Aussagen, die er hier wohl tätigen möchte. Es ist selbstverständlich, dass ein Mann, der in einen solchen Unfall verwickelt ist, eine gewisse Verantwortung trägt. Dementsprechend lässt ihn der Vorfall auch Jahre danach nicht los, auch in einer neuen Beziehung taut er nicht auf und neue Schicksalsfälle lassen ihn kalt, da er mit dem alten so noch gar nicht abschließen konnte. So weit, so gut, so richtig. Leider verschließt sich Wenders aber einer klaren Seite und lässt am Ende für einen Film, der weit über bloße Unterhaltung hinausgeht, die klaren Differenzen zu offen. Dass Francos Charakter Tomas, obwohl er an dem Unfall eigentlich keine Schuld trägt (das Kind kam so schnell den Abhang hinuntergeschossen, dass er wohl auch ohne kurze Ablenkung keinerlei Chance mehr gehabt hätte, auf einer schneebedeckten Straße auszuweichen), schließlich sogar noch so etwas wie Psycho-Terror durchmachen muss, um noch einmal ganz klar an das erinnert zu werden, was er Mutter und Bruder angetan hat, ist zwar konsequent und eben auch mal unschön, dennoch weigert sich Wenders, ein richtig oder falsch zu unterschreiben, was einen faden Beigeschmack hinterlässt. Hat ein solcher Mann, der niemals Leid verursachen wollte und dies auch nur absolut unfreiwillig und versehentlich getan hat, es verdient, noch acht Jahre später heimgesucht zu werden? Wie gesagt, das hat alles seine Konsequenz und ist druckvoll erzählt, dass aber auch nur der Verdacht aufkommt, dass es in Ordnung sein könnte, was Tomas hier durchmachen muss, halte ich nicht für richtig. So bleibt ein intensives Drama mit einer zwiespältigen Botschaft, welches deutliche Längen hat, diese aber mit starken Schauspielern und Einzelszenen ausgleichen kann.

Note: 3-


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