Direkt zum Hauptbereich

Mein großer Freund Joe

Netflix gibt mir meine Kindheit zurück. Vielleicht nur in Teilen, aber der Online-Filmdienst schafft dies tatsächlich, indem ich mir dort nun Filme ansehen kann, die meine Kindheit geprägt haben, an die aufgrund ihres Alters jedoch mittlerweile schwer heranzukommen ist. Ein ganz großer Fang ist nun für mich "Mein großer Freund Joe", den ich mir als Kind, trotz vieler düsterer Elemente, rauf und runter angesehen habe. Die Angst, dass mich dieser als Erwachsener nicht mehr so sehr begeistern könnte, verflog nach den ersten Minuten, denn die "King Kong"-Hommage hat sich erstaunlich gut gehalten...

MEIN GROSSER FREUND JOE


Jill Young (Charlize Theron) lebt seit ihrer Kindheit, gemeinsam mit dem gigantischen Gorilla Joe, in einem Naturpark in Afrika. Vor zwölf Jahren verloren beide ihre leibliche Mutter, als skrupellose Wilderer, angeführt von Andrei Strasser (Rade Serbedzija), Jagd auf die Gorillas machten und sie dabei erschossen. Nun, zwölf Jahre später, macht Jill Bekanntschaft mit dem Naturschützer Gregory O'Hara (Bill Paxton), welcher den einsamen und unnatürlich großen Joe durch Zufall trifft. Er schlägt Jill vor, da weitere Jäger mittlerweile von der Anwesenheit des Tieres erfahren haben, Joe in einen geschützten Zoo zu bringen. Jill stimmt nach anfänglichen Zweifeln zu und bringt ihren großen Freund gemeinsam mit Gregory nach Los Angeles. Doch die Wilderer sind noch immer hinter Joe her und verfolgen sie bis in die Staaten...

Es kann so einfach sein. "Mein großer Freund Joe" verlässt sich mutig auf seine recht einfach gestrickte Geschichte, die aus Versatzstücken aus "King Kong", "Jurassic Park", "Tarzan" und vielen, weiteren, schönen Einfällen bestehen und begeht somit das Risiko, etwas zu vorhersehbar und einfallslos zu sein. Sicher, die Story ist alles andere als neu und folgt soweit auch den vorgelegten Pfaden des Genres, doch das macht nichts, da Regisseur Ron Underwood diese mit einer solchen Kraft, viel Herzblut und ganz großen Gefühlen an den Mann bringt, dass einem stellenweise der Atem stockt. Die visuellen Effekte können sich auch heute noch sehen lassen, die wunderschönen Naturaufnahmen laden uns zum Staunen ein und zwischendurch lockert man das ganze noch mit sehr sympathischem Humor auf. Wen stört es da, wenn die Figuren eindimensional bleiben, wenn wir sie doch bereits nach wenigen Minuten so sehr mögen, dass wir ihnen gerne auf jedem Schritt durch das Abenteuer folgen? Wen stört der Mangel an Frische, wenn die hier vorgzeigte Geschichte vor Emotionalität nur so strotzt und dabei auch gestandenen Filmfans die Tränen in die Augen treiben kann? Und dies, wohlgemerkt, ohne allzu kitschig zu werden? Die Handlung ist eben einfach zeitlos und solange man es so tiefgründig und detailreich angeht wie hier, kann da ja kaum etwas schiefgehen. "Mein großer Freund Joe" ist dabei durchgehend spannend, hat abseits von den Effekten immer ein Auge auf seine tollen Charaktere und gibt auch der Beziehung zwischen Mensch und Tier sehr viel Raum... manchmal vielleicht sogar etwas zu viel, was zu ein paar Längen im Mittelteil führt, die jedoch halb so schlimm sind. Der Rest ist Disney-Magie vom feinsten. Charlize Theron und Bill Paxton machen in den Hauptrollen eine herausragende Figur und auch die Nebendarsteller sind mit "Lost"-Star Naveen Andrews, Regina King, Mika Boorem und "Prison Break"-Star Robert Wisdom prominent besetzt. Den stärksten Eindruck hinterlässt dabei jedoch der ultrafiese Rade Serbedzija als rachsüchtiger, kaltblütiger Wilderer, der keinerlei Tricks scheut, um sein Ziel zu erreichen und somit zu einem hassenswerten, gefährlichen Widersacher wird. Und dann wäre da noch der großartige Soundtrack von James Horner zu erwähnen... dieser hat mit den Scores zu "Titanic" oder "Avatar" zwar schon immer ein Händchen für gute Musik bewiesen, hier liefert er dann aber tatsächlich eines seiner Meisterstücke ab. Wundervolle Melodien, kraftvolle Schwünge und als Sahnehäubchen einen der schönsten Songs der Filmgeschichte, welcher die Handlung in seinen emotionalsten Momenten auch storygewichtig begleitet. "Mein großer Freund Joe" lebt von seiner kraftvoll erzählten Handlung und den ganz großen Emotionen, die etwaige Storyschwächen vergessen lassen. Für Kinder ist er wegen düsterer Szenarien und einer gewissen, emotionalen Tiefgründigkeit, die auch sehr traurige Momente nicht ausspart, nur sehr bedingt geeignet.

Note: 2



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid