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Frost/Nixon

Als Richard Nixon 1974 der erste amerikanische Präsident war, der zurücktrat, war die Bevölkerung schockiert. Ron Howard nahm sich nun, auf Grundlage eines vielbeachteten Theaterstückes, der Geschichte an, wie Nixon nach seinen Straftaten gegen die amerikanische Bevölkerung, eine Läuterung erfuhr: Durch Fernsehinterviews. Und er zeigt, dass man ganz ohne Action, sondern nur durch starke Dialoge und einen herausragenden Cast noch großartige Spannung entstehen lassen kann.

FROST/NIXON

Vier Jahre nach seinem Rücktritt und der Begnadigung des neuen Präsidenten Ford, weswegen er wegen des Watergate-Skandals nie vor Gericht stehen wird, hat es für Richard Nixon (Frank Langella) mit einer Rehabilitation trotz Memoiren und Büchern nicht geklappt... die Bevölkerung stellt sich noch immer klar gegen den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Eine Chance wittert Nixon jedoch durch das Angebot des britischen Talkshowmasters David Frost (Michael Sheen), welcher ihn zu einem aufklärenden Interview fordert. Nixon erhofft sich ein leichtes Spiel mit dem von der Öffentlichkeit eher belächelten Moderator und glaubt somit, wieder zu altem Stolz zurückkommen zu können. Doch für Frost geht es dabei um sehr viel, weswegen er sich nach genauer Vorbereitung stark ins Getümmel wirft...

Ein Stück TV-Geschichte, dass im Grunde nur prädestiniert fürs Kino ist, von daher ist es schon verwunderlich, dass die skandalösen Interviews rund um Richard Nixon, an dessen Ende er seine Fehler eingestehen musste, nicht schon eher über die Leinwände flimmerten. 2009 war es dann soweit und trotzdessen, dass der Film bei den Oscars leider leer ausging, haben wir hier einen richtig starken Streifen vor uns. Ron Howard inszeniert die im Mittelpunkt stehenden Interviews spannend wie einen Thriller, er setzt auf verräterische Nahaufnahmen und großartig geschliffene Dialoge. Ein Boxkampf mit Worten, wenn man so will und sobald Sheen und Langella auf den Stühlen Platz nehmen, ist man schlichtweg gefesselt von der Brillanz der Gespräche, in welche sich die beiden hier verstricken. Braucht Howard mit den anfänglichen Vorbereitungen der Interviews anfangs noch etwas zu viel Zeit, so taucht er später sehr gut in die Thematik ein, stellt unbequeme Fragen und unterhält auch das politisch eher unmotivierte Publikum mit klassischer Spannung, inszeniert wie ein harter Western. Einen großen Teil zum Gelingen dieses Kammerspiels, welches ursprünglich als Theaterstück aufgeführt und jubiliert wurde (damals auch bereits mit Sheen und Langella in den Hauptrollen), trägt natürlich auch der brillante Cast bei. Frank Langella, oscarnominiert für seinen bravourösen Auftritt, spielt nicht Nixon, er verschwindet gar völlig hinter der Maskerade. Jeder Blick, jede Geste, jeder Schritt, man vergisst den Schauspieler und sieht nur noch den Politiker. Eine großartige Leistung, hinter welcher Martin Sheen nur zurückstecken kann, sich aber definitiv nicht zu verstecken braucht, denn als die Fassade aufrecht haltender, jedoch wahnsinnig unter Druck stehender Moderator weiß auch er zu fesseln. In Nebenrollen brillieren unter anderem bekannte Darsteller wie Oliver Platt, Rebecca Hall, Kevin Bacon, Sam Rockwell und (mit einer besonders lobenden Erwähnung) der kaum wiederzuerkennende Matthew Macfadyen als Frosts gute Seele, der ihm stets mit Rat und Tat zur Seite steht, aber auch mal unangenehme Wahrheiten auf den Tisch knallt. Trotz einiger Längen weiß "Frost/Nixon" insgesamt zu fesseln, ist genau und spannend und somit auch für Politik-Uninteressierte (wie mich) definitiv zu empfehlen.

Note: 2-


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