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Anna Karenina (2012)

Regisseur Joe Wright und Keira Knightley hatten mit ihren bisherigen Zusammenarbeiten bislang wirklich gute Arbeit abgeliefert: Mit "Stolz und Vorurteil" gelang ein charmanter und anrührender Kostümfilm und "Abbitte" war 2007 so bewegend und unter die Haut gehend, dass dieses Filmerlebnis noch länger nachhallen wird. Die Erwartungen an "Anna Karenina", die Verfilmung eines der absoluten klassischen Stoffe, bei welchem Wright und Karenina erneut zusammenarbeiteten, waren also nicht gering... leider werden diese auf ganzer Linie enttäuscht.

ANNA KARENINA

Russland im 19. Jahrhundert: Die mit dem Staatsbeamten Alexej Karenin (Jude Law) verheiratete Anna Karenina (Keira Knightley) reist nach Moskau, um ihren Bruder, den Fürst Stepan Oblonski (Matthew Macfadyen) zu besuchen. Dort lernt Anna den charmanten und noblen Grafen Alexej Wronski (Aaron Taylor-Johnson) kennen, dem sie sofort verfallen ist. Als die Liebschaften an die Öffentlichkeit dringen und auch Karenin davon zu erfahren droht, muss sich Anna entscheiden, ob sie ihr Leben und ihren Stand für diese neu entfachte Liebe hingeben möchte...

Leider stimmt an dieser Neuverfilmung des schon etliche Male für TV und Film herbeigezogenen, klassischen Stoffes nur sehr wenig. Zuallererst fällt das Stilmittel, die Geschichte in Form eines Theaterstückes innerhalb von Kulissen, auf Bühnen, mit Auf- und Abgängen zu erzählen, für einen Film negativ auf. Es wirkt alles ausgesprochen künstlich und zieht einen, auch wenn es hin und wieder einige interessante Schnitte und Bilder zu bewundern gibt, immer wieder aus der Story hinaus. Leider kann auch der Grundgeschichte nichts interessantes hinzugefügt werden... schlimmer noch, Wright macht aus der netten Handlung (und ja, für mehr als ein "nett" kann ich mich auch bei einem solch gewichtigen Stoff nicht zwingen) ein kühles, vor sich mäanders Konstrukt, welches steif und unnatürlich wirkt und dabei für etliche Längen in den elendig langen zwei Stunden sorgt. Die Laufzeit wirkt kaum gefüllt, wiederholt sich in seinen Aussagen und findet nie einen wirklichen Zugang zum Zuschauer, der hier, ähnlich wie bei einem Theaterstück, bei welchem man in den hintersten Reihen sitzt, weit entfernt vom Geschehen und unabgeholt bleibt. Die Gefühle bleiben stecken, es wirkt alles kalt und reißbrettartig, weshalb auch die Geschichte nicht zu fesseln oder gar zu bewegen vermag. Warum zum Beispiel Anna mit einem Mal einen solchen Gefallen an Wronski findet, sodass sie sogar ihr bisheriges Leben, welches sie unter anderem mit einem Sohn teilt, den sie über alles liebt, wirkt schlichtweg nicht logisch und eher wie eine Behauptung... solcherlei Fauxpasse ziehen sich durch die Handlung und sind einfach nur ärgerlich. Einigermaßen überzeugend ist dabei nur die Nebenhandlung von der naiven Kitty und ihrem Verehrer Lewin, welche mit wesentlich mehr Tiefe und Charme erzählt wird... auch wenn diese zu einem recht schwachen Ende kommt. Schauspielerisch ist "Anna Karenina" ebenfalls schwer zu beurteilen, denn Keira Knightley hat sich ja schon länger auf Kostümfilme festgelegt und passt zumindest optisch stets gut herein... eine Natürlichkeit geht ihr dabei aber, wie in vielen ihrer Filme, vollständig ab. Knightley neigt zur Übertreibung und Chargierung und legt ihre Figur so als unnahbar und karikaturistisch an, was auch die Zuschauer von ihr fernhält. Aaron Taylor-Johnson erlebt neben einer recht blassen Vorstellung ein ähnliches Schicksal, einzig Jude Law weiß mit einer tiefer gezeichneten und souverän gespielten Performance oftmals zu fesseln. Insgesamt ist "Anna Karenina" von Joe Wright ein langatmiges, gefühlsarmes und viel zu stark gewolltes Stück Film geworden, welches sparsam mit berührenden Emotionen umgeht und dabei mehr auf Schauwerte und Bilder setzt... das reicht für zwei Stunden keinesfalls. Schade, der Trailer war so vielversprechend.

Note: 4-


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