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Der seltsame Fall des Benjamin Button

Die besten Spezialeffekte sind die, die man nicht sieht. Auch wenn ich jemand bin, der sich ab und an nur zu gerne von tösenden Explosionen und Materialschlachten a la "Transformers" im Popcorn-Kino unterhalten lässt, so kann ich diese Meinung definitiv unterschreiben. "Der seltsame Fall des Benjamin Button" liefert tatsächlich solche Effekte, die man kaum sieht, nicht einmal als solche wahrnehmen würde, wenn man nicht wüsste, dass sie da sind. Doch auch für solche technischen Versiertheiten gilt: Gute Effekte allein machen noch keinen guten Film.

DER SELTSAME FALL DES BENJAMIN BUTTON

Benjamin Button (Brad Pitt) wurde alt geboren. Als Neugeborenes ist er körperlich ein Säugling an seinem Lebensende, mit schwachen Knochen, faltiger Haut und kaum Lebenskraft. Doch er wächst heran, mit jedem Tag, den er erlebt, wird er jünger. Über das Alter, hin zu einem stattlichen Erwachsenen und zurück in die Jugend. Seine Lebensgeschichte hält er in Tagebuchform fest und erzählt dabei, wie er im Altersheim neben anderen Senioren bei seiner Ziehmutter Queenie (Taraji P. Henson) aufwuchs, wie er an der Seite des versoffenen Schippen-Kapitäns Mike (Jared Harris) am Zweiten Weltkrieg teilnahm... und wie er sich in die Tänzerin Daisy (Cate Blanchett) verliebte, die er bereits in ihrer, irgendwie auch seiner Jugend kennenlernte.

"Der seltsame Fall des Benjamin Button" basiert auf einer Kurzgeschichte aus den 1920ern... und dass es nur eine Kurzgeschichte war, merkt man dem Film an, denn er weiß anscheinend gar nicht so genau, womit er seine Handlung füllen will. Bis auf die sehr interessante, visuell eindrucksvolle und so auch noch nicht gesehene Idee eines rückgekehrten Alterns bietet der Streifen nämlich eigentlich nur aufgewärmte, dabei noch nicht mal wirklich beeindruckende Kost. Die Geschichte erinnert immer wieder an das offensichtliche, große Vorbild "Forrest Gump" und kann dagegen nur verlieren. Die wundervollen Charaktere und die emotional bewegende Handlung gehen "Benjamin Button" dabei fast vollständig ab, besonders der titelgebende Hauptcharakter ist so dermaßen konturlos, zahm und somit auch langweilig, dass es einen schon bald graust. Die wesentlich lebendigeren Nebencharaktere gefallen da schon mehr, allerdings wurde hier das Potenzial nicht ausgeschöpft, müssen sich viele von ihnen doch mit recht wenigen Szenen zufrieden geben. Mein Favorit war Benjamins liebevolle Ziehmutter Queenie, deren Darstellerin Taraji P. Henson mit Recht für den Oscar nominiert wurde. Der Rest des Casts liefert solide bis gute Leistungen, ohne weiter aufzufallen, dies gilt für einen zurückgenommenen Brad Pitt ebenso wie für Cate Blanchett und Tilda Swinton. Die Geschichte an sich zieht sich ziemlich, wobei die erste Stunde mit Abstand die beste ist, führt sie doch die Grundidee sehr schön ein, erweckt sympathische Figuren und macht Lust auf mehr. Die darauf folgende Reihe an verschiedenen Szenarien, die in einer kühlen, langatmigen Liebesgeschichte ohne Feuer oder richtige Romantik enden, langweilen jedoch eher als zu unterhalten oder zu bewegen. Letzten Endes lebt der Film dennoch durch seine visuelle Kraft und durch starke Einzelszenen, wie eine schreckliche, unverhinderbare "Was wäre wenn"-Sequenz, oder eine rückwärts ablaufende Schlacht im Ersten Weltkrieg. Dagegen wirkt der Rest des Films eher bieder und zahm... bis einem die letzten zehn Minuten noch einmal einen Schlag versetzen, den man zwar kommen sah, der einen aber dann doch bis ins Mark trifft und zu Tränen rührt. Somit ist "Der seltsame Fall des Benjamin Button" ein Film, der in Einzelszenen bewegt und berührt, als Ganzes jedoch eine eher nichtige, an Emotionen arme und langatmige Geschichte erzählt.

Note: 3-


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